„Reich-Gottes-Bibel“ erschienen
Die ecclesia reformata, die Kirche, in deren Zentrum nicht mehr die Kreuzes- bzw. Sühnopfertheologie, sondern das jesuanische Evangelium vom Reich Gottes steht, braucht eine „Reich-Gottes-Bibel“, eine „Heilige Schrift“, die sich unter diesem Aspekt erschließt, die dem Betrachter und Leser die Augen öffnet für den Zusammenhang, den der Begriff „Reich Gottes“ bezeichnet. Die im Patmos Verlag erschienene Bibel für kluge Kinder und ihre Eltern von Hubertus Halbfas ist ein solches Buch, das erste, das ich kenne. Schon bei einem ersten Blick ins Inhaltsverzeichnis fällt sofort, fett gedruckt, diese Kapitelüberschrift ins Auge: „Das Evangelium vom Reich Gottes“ und gleich darunter: „Reich Gottes – jetzt!“ Schlägt man die entsprechende Seite 192 auf, beginnt der Text mit folgendem Satz: „Jesus vertrat eine Lebensform, die er als ‚Herrschaft Gottes‘ oder ‚Reich Gottes‘ verstand. Damit ist keine jenseitige Welt gemeint, kein Himmel, sondern eine Lebensweise in der Welt der Menschen.“
Und so wird es dann entfaltet. Jesus lebt das Reich Gottes und lädt dazu ein. „Nicht Wohltätigkeit, sondern Tischgemeinschaft“. „Jesus, Freund der Armen und Kranken“. Die Vaterunser-Bitte „Dein Reich komme“ wird korrigiert: „Doch gehört dieses Reich nicht bloß der Zukunft, sondern es ist schon da, ‚mitten unter uns‘.“ (S. 198) Und zur Abendmahlsperikope Markus 14,22-25 heißt es: „Die Worte, die hier Jesus in den Mund gelegt werden, konnte er zu seinen Lebzeiten nicht sagen. Sie deuten den Tod Jesu aus einer späteren Sicht. Vom ‚Blut des Bundes‘ hat Jesus nie gesprochen; das Wort ‚Bund‘ war ihm fremd. Auch sprach er anders vom ‚Reich Gottes‘. Hier wird das Reich Gottes bereits ins Jenseits verschoben.“ (S. 235)
Hubertus Halbfas‘ neues Buch bietet nicht nur, farbig hervorgehoben, zentrale biblische Texte dar und kommentiert sie eingehend, sondern rahmt diese darüber hinaus mit eindrücklichen Bildern, vertiefenden, Horizonte öffnenden Zitaten sowie sorgsam aufbereiteten Informationen über Kultur und Geschichte biblischer Zeiten. Es ist ein Buch, es ist eine Bibel, die zum Entdecken einlädt.
Hier noch zwei, relativ willkürlich ausgewählte „Kostproben“:
„Die Übersetzung der Bibel ins Griechische nennt den Garten Paradies. Aber der Paradiesgarten ist kein Zaubergarten und kein Schlaraffenland. Er muss ‚bebaut und bewahrt‘ werden. Obwohl er ein ‚Gottesgarten‘ ist, gehört er zur Welt der Menschen. Er ist Symbol dieser einen Welt. Hier sollen alle miteinander in Frieden leben.“ (S. 31)
„Als Christenheit und Kirche für die Sache der Armen und Unterdrückten keine Anwälte mehr waren, fand Jahwes Wille, wie er von Amos vertreten wurde, jenseits der kirchlichen Welt neue Resonanzböden – im frühen Kommunismus und im Sozialismus.“ (S. 120)
Möge diese Bibel den Weg zu einer Reform der Kirche auf der Basis der Reich-Gottes-Botschaft des Jesus von Nazaret weiter ebnen!
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Claus Petersen