Moderne Formen der Sklaverei: Information

 

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Die international gültige Definition von Menschenhandel stammt von den Vereinten Nationen. Laut Artikel 3 des am 15. November 2000 von der UN-Generalversammlung verabschiedeten „Zusatzprotokolls zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels“ (Palermo-Protokoll) bezeichnet der Ausdruck „Menschenhandel“ die „Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Aufnahme von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung. Ausbeutung umfasst mindestens die Ausnutzung der Prostitution anderer oder andere Formen sexueller Ausbeutung, Zwangsarbeit oder Zwangsdienstbarkeit, Sklaverei oder sklavereiähnliche Praktiken, Leibeigenschaft oder die Entnahme von Organen.“

Unter Zwangsarbeit versteht die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) „jede Arbeit oder Dienstleistung, die von einer Person unter Androhung einer Strafe verlangt wird und für die sich diese Person nicht freiwillig zur Verfügung gestellt hat“.

 

Der aktuelle, am 11. Dezember 2024 von der in Wien ansässigen UN-Behörde zur Drogen- und Kriminalitätsbekämpfung (UNODC) veröffentlichte globale Menschenhandel-Report verzeichnet für das Jahr 2022 (jüngere Daten sind noch nicht verfügbar) WELTWEIT 75.000 Fälle von Menschenhandel. Im Zeitraum 2020 bis 2023 wurden insgesamt 202.478 Betroffene identifiziert, davon waren 38 Prozent Minderjährige und 62 Prozent Erwachsene.

Sklaverei ist keineswegs ein längst vergangenes Unrecht. Laut einem am 19. März 2024 veröffentlichten Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) haben sich 27,6 Millionen Menschen weltweit an einem beliebigen Tag des Jahres 2021 in Zwangsarbeit befunden, etwa in Bergwerken, Landwirtschaft oder bei Hausarbeit, statistisch 3,5 Personen pro 1000 Erdbewohner:innen. 6,3 Millionen von ihnen seien zur Prostitution gezwungen gewesen. Die Gesamtzahl lag um 2,7 Millionen höher als fünf Jahre zuvor. Mehr als die Hälfte der Betroffenen lebe in der Region Asien und Pazifik (15,1 Millionen). An zweiter Stelle liege die Region Europa/Zentralasien mit 4,1 Millionen. Die illegalen Profite aus Zwangsarbeit seien auf 236 Milliarden Dollar (rund 217 Milliarden Euro) im Jahr gestiegen, 37 Prozent mehr als im Jahr 2014. Zwei Drittel der Profite stammten aus Zwangsprostitution. „Profit“ meint die Differenz zwischen dem, was den Menschen gezahlt wurde, und dem, was ihnen unter korrekten Arbeitsbedingungen zugestanden hätte.

Laut der am 12. September 2022 veröffentlichten Studie Global Estimates of Modern Slavery: Forced Labour and Forced Marriage der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) der Uno sowie der Hilfsorganisationen International Organization for Migration (IOM) und Walk Free Foundation waren im Jahr 2021 weltweit 27,6 Millionen Menschen in Zwangsarbeit beschäftigt, unter ihnen 3,3 Millionen Kinder. Die Anzahl der Menschen, die in moderner Sklaverei leben, ist in den letzten fünf Jahren signifikant angestiegen. So befanden sich im Jahr 2021 zehn Millionen Menschen mehr in moderner Sklaverei als noch im Jahr 2016. Frauen und Kinder sind dabei weiterhin besonders gefährdet.

Die australische Walk-Free-Foundation geht in ihrem letzten Global Slavery Index (GSI) 2023 davon aus, dass weltweit schätzungsweise 49,6 Millionen Menschen in modernen Formen der Sklaverei leben. „Moderne Sklaverei“ bezeichnet verschiedene Formen der Ausbeutung, denen eine Person aufgrund von Drohungen, Gewalt, Nötigung, Täuschung oder Machtmissbrauch nicht entkommen kann.
Zur Problematik des GSI vgl. Atlas der Versklavung. Daten und Fakten über Zwangsarbeit und Ausbeutung, Rosa-Luxemburg-Stiftung 2021, S. 52–56.

Nach UN-Angaben werden durch Zwangsarbeit einschließlich sexueller Ausbeutung weltweit Profite von jährlich 150 Milliarden Dollar (110 Milliarden Euro) erzielt.

Laut Statista konnten im Jahr 2020 die meisten von Menschenhandel Betroffenen in West- und Südeuropa identifiziert werden, nämlich rund 3,6 Personen pro 100.000 Personen. Im weltweiten Durchschnitt war im Jahr 2020 rund eine von 100.000 Personen von Menschenhandel betroffen. Die Statistik zeigt die von Menschenhandel Betroffenen je 100.000 Personen im Jahr 2020, aufgeschlüsselt nach Regionen.

Laut einer zum Welttag gegen ausbeuterische Kinderarbeit am 12. Juni 2014 erstellten Studie Kinder in Zwangsarbeit, mit der das internationale Kinderhilfswerk Terre des Hommes das Südwind-Institut beauftragt hat, sind die jüngsten der  5,5 Millionen von Zwangsarbeit betroffenen Kinder erst fünf Jahre alt. Die meisten Kinder, die unter sklavenähnlichen Bedingungen arbeiten müssen, leben in Indien, besonders prekär sei die Lage aber auch in Mauretanien, Haiti, Pakistan und Nepal.
Vgl. 23. KW: Ausbeuterische Kinderarbeit.

Der Einsatz von Kindern in bewaffneten Kämpfen ist eine verbreitete, besonders brutale Form der modernen Sklaverei:
Vgl. 7. KW: Kindersoldatinnen und Kindersoldaten.

Die sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Frauen steht im Zentrum des internationalen Menschenhandels, wie er in 175 Ländern der Erde dokumentiert ist. Auch in Deutschland. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen liegt der illegale Profit, den organisierte Kriminelle aus der Zwangsprostitution ziehen, weltweit jährlich bei fast 100 Milliarden Dollar. Das sind fast zwei Drittel der horrenden Gewinne, die mit Menschenhandel und Zwangsarbeit insgesamt erzielt werden. Statistisch lässt sich laut einer Studie des Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) mit jeder Sexsklavin pro Jahr ein Gewinn von mehr als 20.000 Dollar kriminell erwirtschaften. Wie das UN-Büro zur Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) am 24. November 2014 in Wien mitteilte, sind in etwa jedem dritten aufgedeckten Fall von Menschenhandel Kinder betroffen. Knapp die Hälfte aller Opfer seien Frauen.

 

Laut erstmals vorgenommener, am 10. Juli 2012 veröffentlichter Erhebungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) für die Europäische Union, sind in den EU-MITGLIEDSSTAATEN rund 880.000 Menschen von Zwangsarbeit betroffen. Das sind fast zwei von 1000 Personen.
Laut Schätzung des Europarats sind in Europa 500.000 Menschen von Zwangsarbeit betroffen.

In den Jahren 2010 bis 2012 haben die EU-Mitgliedstaaten 30.146 Opfer von Menschenhandel registriert. Im selben Zeitraum gab es in der EU 8551 Verfahren gegen Menschenhändler. 80 Prozent der Opfer waren weiblich, und über 1000 Kinder wurden als Opfer sexueller Ausbeutung registriert.

 

Wie aus dem am 17. Oktober 2024 veröffentlichten ersten umfassenden Bericht „Monitor Menschenhandel in Deutschland – Erster periodischer Bericht hervorgeht, den das Deutsche Institut für Menschenrechte (DIM) in Berlin dazu vorgelegt hat, haben Ermittlungsbehörden zwischen 2020 und 2022 in DEUTSCHLAND 3.155 Betroffene von Menschenhandel identifiziert. Das sind durchschnittlich fast drei Betroffene pro Tag. Bei mehr als jeder vierten Person handelte es sich um Minderjährige. Der Bericht geht allerdings von einem großen Dunkelfeld aus. Das DIM bewertet künftig alle zwei Jahre im Auftrag der Bundesregierung die Umsetzung der Europaratskonvention sowie der EU-Richtlinie gegen Menschenhandel.

Laut einer Mitteilung des Bundeskriminalamts (BKA) vom 7. Oktober 2022 nimmt der Menschenhandel in Deutschland weiter zu.

Dem zum Europäischen Tag gegen Menschenhandel am 16. Oktober 2023 vom Bundesweiten Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e.V. (KOK) vorgestellten vierten Datenbericht zu Menschenhandel und Ausbeutung in Deutschland haben Fachberatungsstellen im Jahr 2022 bundesweit 875 Fälle von Menschenhandel dokumentiert. 88 Prozent der beratenen Betroffenen seien Frauen gewesen. Die Mehrheit der Betroffenen kommt danach aus westafrikanischen Ländern, in 47 Prozent aller Fälle sei Deutschland als Ort der Ausbeutung angegeben worden.


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