Zum 27. Januar 2010

Howard Zinn war einer der einflussreichsten Historiker, Politikwissenschaftler und neben Noam Chomsky der bekannteste US-amerikanische Anarchist des 21. Jahrhunderts. Als Praktiker der Geschichte von unten bot er eine Revision der amerikanischen Geschichtsschreibung, nicht zuletzt auch mit seinem Standardwerk „A People’s History of the United States“, das eine Millionenauflage erreichte.

Zitate

Revolutionäre Veränderungen treten nicht plötzlich wie Katastrophen ein – hoffentlich bleiben wir von solchen verschont –, sondern als endlose Folge von Überraschungen, die im bewegten Zickzackkurs zu einer menschenwürdigeren Gesellschaft führen. Auch wenn wir nicht sofort „siegen“, gibt es uns Freude und Erfüllung, uns mit anderen guten Menschen für ein lohnendes Ziel einzusetzen. Wer auch in schlimmen Zeiten die Hoffnung nicht aufgibt, ist kein romantischer Narr. Er kann sich darauf berufen, dass die menschliche Geschichte nicht nur eine Geschichte des Konkurrenzkampfes und der Grausamkeit ist, sondern auch die Geschichte der Leidenschaft, des Opfers, des Mutes und der Güte.

Aus: Howard Zinn, We Should Not Give Up the Game Before All the Cards Have Been Played (Wir sollten das Spiel nicht verloren geben, bevor nicht alle Karten ausgespielt sind), in: Howard Zinn, A Power Governments Cannot Suppress (Eine Kraft, die Regierungen nicht unterdrücken können), San Francisco (USA) 2006, Übersetzung: Wolfgang Jung

 

Man sagt, das Problem sei ziviler Ungehorsam, aber das ist nicht unser Problem. Unser Problem ist der zivile Gehorsam. Unser Problem ist die große Anzahl der Menschen auf der ganzen Welt, die dem Diktat ihrer Regierung folgen und deshalb in Kriege ziehen, in denen dann Millionen genau wegen dieses zivilen Gehorsams getötet werden. Unser Problem ist der zivile Gehorsam auf der ganzen Welt, angesichts der Armut, des Hungers, der Dummheit, der Kriege und aller Verbrechen. Unser Problem besteht darin, daß Menschen gehorsam sind, sich die Gefängnisse wegen Bagatellen füllen, während die großen Verbrecher die Staatsgeschäfte führen. Das ist unser Problem!

Aus: Howard Zinn, Disobedience and Democracy: nine fallacies on law and order (1968)

 

Die Entscheidung, die wir in dieser komplizierten Situation treffen, wird unser künftiges Leben bestimmen. Wenn wir nur die Schwierigkeiten sehen, wird das unsere Fähigkeit zur Gegenwehr zerstören. Wenn wir uns aber an die vielen historischen Begebenheiten und Orte erinnern, bei und an denen sich Menschen unerschrocken zur Wehr gesetzt haben, ermutigt uns das zum Handeln und eröffnet uns zumindest die Möglichkeit, diese taumelnde Welt in eine andere Bahn zu lenken. Wenn wir jetzt im Kleinen zu handeln beginnen, müssen wir nicht auf eine großartige utopische Zukunft warten. Die Zukunft ist eine unendliche Folge von gegenwärtigen Zuständen, und wenn wir trotz der schlimmen Zustände, die jetzt herrschen, schon so zu leben beginnen, wie Menschen unserer Meinung nach leben sollten, ist das schon ein wunderbarer Sieg.


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