Markus 2,19a
Hintergrund dieser rhetorischen Frage ist offensichtlich der Vorwurf, dass Jesus und seine Leute nicht fasten, also nicht aus religiösen Gründen zu bestimmten Zeiten auf Nahrung verzichten. Jesus antwortet mit dem Bild einer Hochzeit: Wem sich die Welt als Reich Gottes geöffnet hat, wer also teilnimmt an dem Fest des Lebens, der taucht in es ein und genießt es voll Freude. Welchen Sinn sollten Selbstkasteiung und Askese jetzt noch haben?
„‘Die Söhne des Brautgemachs‘ sind die Freunde des Bräutigams, die den engsten Kreis der Hochzeitsgäste darstellen und den Ehevollzug zu bestätigen haben. Sie können als Teilhaber an der hochzeitlichen Hochstimmung nicht fasten, denn Hochzeit ist Freudenzeit… Vor diesem Hintergrund erschließt sich der Sinn der rhetorischen Frage, deren erwartete Antwort wie selbstverständlich lautet: ‚Natürlich können sie nicht fasten!‘“ (Jürgen Becker, Jesus von Nazaret, 149)
Eine erste Erweiterung des Jesusworts in Vers 19a („während der Bräutigam bei ihnen ist“, Vers 19a) setzt den Bräutigam mit Jesus gleich. Die später hinzugefügten und ebenfalls Jesus in den Mund gelegten Verse 19b und 20 („Solange sie den Bräutigam bei sich haben, können sie nicht fasten. Es werden aber Tage kommen, wo der Bräutigam von ihnen genommen sein wird; dann werden sie fasten an jenem Tag.“) begründen, warum in der frühen Kirche das Fasten – im Gegensatz zur Praxis Jesu und seiner Gemeinschaft – wieder aufgenommen worden ist. Gerade dieser Widerspruch zwischen dem ganz ungewöhnlichen und offenbar als anstößig empfundenen Verhalten Jesu und dem Brauch der christlichen Gemeinde spricht entschieden für die Authentizität dieses Jesuswortes.