Himmelsblau
Schon Leonardo da Vinci erkannte Ende des 15. Jahrhunderts, dass das BLAU DES HIMMELS nicht die Farbe der Luft selbst sein konnte. Um Klarheit zu gewinnen, bestieg er den 4000 Meter hohen Monte Rosa in der Umgebung der Stadt Mailand und notierte: „Ich sage, das Blau, in dem sich die Luft zeigt, ist nicht ihre eigene Farbe, sondern es kommt von der warmen Feuchtigkeit, die in winzigen, nicht wahrnehmbaren Teilchen verdampft; diese werden von Sonnenstrahlen getroffen und werden dann hell. Und das kann jeder sehen, der wie ich auf den Monte Rosa steigt.“ Da Vinci irrte sich lediglich darin, dass es nicht die Wasserteilchen, sondern die Luftmoleküle selbst sind, die mit den Sonnenstrahlen in Wechselwirkung treten. Im Jahr 1871 gelang dem englischen Physiker John William Rayleigh eine genaue physikalische Erklärung des Himmelblaus. Er erkannte, dass die Streuung des Lichtes von seiner Wellenlänge abhängt.
Sonnenlicht ist nicht weiß, sondern besteht aus vielen Farben, genauer gesagt einem ganzen Farbspektrum, wie man am bunten Regenbogen sieht. Auf seinem Weg durch die Atmosphäre trifft das Licht auf Staub- und Wasserteilchen und wird gestreut. Die Stärke der Streuung hängt von seiner Wellenlänge ab. Da blaues Licht kurzwelliger ist als rotes, wird es stärker gestreut und der Himmel wird blau. In noch intensiverem Blau leuchtet der Himmel, wenn die Luft besonders trocken und sauber ist, also wenig Staub oder Wassertropfen darin schweben. Das ist meist an sehr kalten Tagen der Fall. Wenn es feucht und die Luft schmutzig ist, werden auch die langwelligen Anteile des Lichts stärker gestreut – der Himmel wird weißlich-trüb.
„Ich, der ich das Blau des Himmels betrachte, stehe nicht ihm gegenüber als ein weltloses Subjekt, ich bin nicht gedanklich in seinem Besitz, entfalte nicht ihm zuvor eine Idee von Blau, die sein Geheimnis mir entschlüsselte; ich überlasse mich ihm, ich versenke mich in dieses Geheimnis, es ‚denkt sich in mir‘, ich bin der Himmel selbst, der sich versammelt, zusammennimmt und für sich zu sein sich anschickt, mein Bewusstsein ist verschlungen von diesem grenzenlosen Blau.“ (Maurice Merleau-Ponty, Phänomenologie der Wahrnehmung. Aus dem Französischen übersetzt und eingeführt durch eine Vorrede von Rudolf Böhm, Berlin 1966, S. 252)