Landschaftsökosystem Wald

Laut Definition der Vereinten Nationen muss eine Fläche ab einem halben Hektar zu mindestens zehn Prozent aus Bäumen bestehen, die drei bis sieben Meter hoch gewachsen sind, um als WALD zu gelten. Bereits in einem kleinen Wald bilden sich Ansätze eines Waldbinnenklimas heraus, das von ausgeglicheneren Temperaturen, geringerer Lichtintensität und höherer Luftfeuchtigkeit geprägt ist als das Offenland.

„Wälder sind höchst komplexe Ökosysteme, die in ihrer biologischen Produktivität von keinem anderen Landökosystem übertroffen werden. Dies gilt vor allem für tropische Regenwälder. Aber auch die Waldbiodiversität – der Artenreichtum – in den kalten bis gemäßigten Erdregionen gehört zweifelsfrei zu den größten Wundern der Schöpfung. Die Wälder der Erde sind jedoch nicht nur eine natürliche Arche für den größten Teil der terrestrischen Flora und Fauna. Sie sind auch für die Zusammensetzung der Atmosphäre, unserer Atemluft, und für die Stabilität des Weltklimas unentbehrlich. Sie sind die wichtigste Sauerstoffquelle und zugleich auch die einzig wirksame Kohlendioxidsenke, die sich der Mensch nutzbar machen kann.“ (Reinhard Lassek, Kein Spaziergang für den Wald, in: Zeitzeichen 8/2008, S. 30–32 [31])

Wälder produzieren Sauerstoff, speichern Wasser und sind Klimaschützer, denn sie binden beim Wachstum durch die Photosynthese Kohlendioxid. Wälder nehmen weltweit rund ein Drittel des freigesetzten Kohlendioxids auf – jährlich mehr als drei Milliarden Tonnen.
Derzeit (2020) sind rund 38 Prozent der Fläche der Europäischen Union mit Wald bedeckt. Die Bäume nehmen durch die Photosynthese rund zehn Prozent der Treibhausgase auf, die unionsweit ausgestoßen werden.
In Deutschland nehmen die wachsenden Bäume pro Jahr rund 52 Millionen Tonnen CO2 neu aus der Atmosphäre auf und lagern Kohlenstoff im Holz und im Waldboden ein. Damit kompensieren sie etwa sechs Prozent der Emissionen in Deutschland. Doch wenn er weiter so genutzt wird wie bisher, wird dieser Wert sinken, prognostizieren Forscher des Freiburger Öko-Instituts in einer am 28. Februar 2018 veröffentlichten Greenpeace-Studie. Laut einer Mitteilung des Statistischen Bundesamts (Destatis) vom 5. Oktober 2021 speichert der Wald deutschlandweit rund 3,1 Milliarden Tonnen Kohlenstoff – das entspricht umgerechnet 11,5 Milliarden Tonnen CO2. Dabei ist der Waldboden der größte Kohlenstoffspeicher: Knapp die Hälfte (46,8 Prozent) des gesamten Kohlenstoffs in deutschen Wäldern bindet der Waldboden mit seiner Streu- und Humusauflage, gefolgt vom sogenannten stehenden Holz (28,9 Prozent), der sonstigen Holzbiomasse wie Sträucher oder Büsche (16,0 Prozent) und der sonstigen Biomasse mit 8,3 Prozent.

Laut der Umweltorganisation WWF leben zwei Drittel aller weltweit bekannten Tier- und Pflanzenarten im Wald. In Deutschland sind es allein 1215 Pflanzenarten, darunter 90 Baum- und Straucharten.

Die 1.500 Kilometern lange und zwischen 100 und 350 Kilometer breite Gebirgskette der Karpaten bildet das größte noch bestehende geschlossene Laubwaldgebiet in Europa.
Der 1997 gegründete Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich ist das größte zusammenhängende Waldgebiet Mitteleuropas.

Der Waldbestand unseres Planeten stellt sich aus der Sicht der modernen Wissenschaft nicht als Summe einzelner, abgegrenzter Lebensgemeinschaften dar, sondern als einheitliches System, sozusagen als Weltwald, ähnlich wie die Gesamtheit aller Meere und Ozeane das Weltmeer bildet. Deshalb ist hier jegliche, noch dazu undurchdachte Einmischung mit ernsthaften Folgen verbunden. Wissenschaftler haben ermittelt, dass der Wald Einfluss auf die Strahlungsbalance, die atmosphärische Zirkulation und den Feuchtigkeitshaushalt hat, das heißt ein klimabildender Faktor von großer Bedeutung ist.

Der Wald ist in Schichten aufgebaut, dauerhaft mit Gehölzen bewachsen und durch ein komplexes Zusammenwirken von Pflanzen, Tieren und Kleinstlebewesen gekennzeichnet. Damit ist der Wald mehr als nur eine Ansammlung von Bäumen verschiedener Arten und Größen. Bei optimaler Ressourcennutzung ist er das produktivste Landökosystem. Wenn es regnet, filtert und speichert der Waldboden den Niederschlag und gibt ihn langsam unterirdisch an die Trinkwasserquellen ab. Wälder treten weltweit überall dort auf, wo eine bestimmte minimale Niederschlagsmenge gewährleistet ist. Fällt weniger Niederschlag, gehen die Wälder in eine Savanne, Steppe oder Wüste über.

Einige Wochen vor dem Tag des Baumes am 25. April 2017 stellte die Organisation Botanic Gardens Conservation International (BGCI) eine Online-Datenbank vor, die erstmals alle bekannten Baumarten auf der Welt auflistet. Demnach gibt es rund um den Globus 60.065 verschiedene Baumarten, die meisten davon in Brasilien, Kolumbien und Indonesien.

Als Urwälder werden Waldökosysteme bezeichnet, die niemals durch menschliche Eingriffe verändert wurden. Urwälder haben seit ihrem Entstehen nach der letzten Eiszeit, die vor rund 12.000 Jahren endete, eine ununterbrochene, natürliche Entwicklung durchlaufen. Die Bäume sind teils mehr als 500 Jahre alt. Viele „Urwald-Arten“ wie seltene Käfer, Vögel, Pilze, Flechten oder Bodenorganismen haben hier ihre letzten Überlebensinseln. Naturschützer schätzen die unberührten Reste nacheiszeitlicher Wälder auf wenige 10.000 Hektar innerhalb der Europäischen Union. Skandinavien, die russische Taiga und die Gebirgskette der Karpaten, die mehrere osteuropäische Länder, darunter Polen, die Slowakei, die Ukraine und Rumänien durchquert, stellen die Gebiete des europäischen Kontinents dar, die noch mit Primär- und Urwäldern bewachsen sind. Die Kampagne „Save Paradise Forests“ von Euronatur und Agent Green setzt sich für die Bewahrung der rumänischen Urwälder ein.

Um auf die Funktionen und Gefährdungen dieses Ökosystems aufmerksam zu machen, wird seit dem Jahr 2012 vom Bund Deutscher Forstleute (BDF) der Titel Waldgebiet des Jahres verliehen. Waldgebiet des Jahres 2024 ist der Augsburger Stadtwald.

Jedes Jahr im Oktober wird von der „Baum des Jahres – Dr. Silvius Wodarz Stiftung“ (vormals Menschen für Bäume) und durch deren Fachbeirat, das „Kuratorium Baum des Jahres“ (KBJ), für das darauffolgende Jahr der Baum des Jahres bestimmt. Baum des Jahres 2024 ist die Echte Mehlbeere.

Am 5. Oktober 2019 ist eine dicke Linde aus dem Emsland als Deutschlands erster „Nationalerbe-Baum“ ausgezeichnet worden. Mit dem Titel will die Deutsche Dendrologische Gesellschaft laut eigener Mitteilung das Bewusstsein für besonders alte, außergewöhnliche Bäume schärfen. Die Dendrologie beschäftigt sich mit der Lehre von den Bäumen und Gehölzen. Die Sommerlinde in Heede im Emsland hat einen Stammumfang von 17 Metern. Ihr Alter kann nur geschätzt werden – es liegt nach Angaben der Gesellschaft bei etwa 600 bis 800 Jahren.

Bestimmte Bäume können in Einzelfällen mit Hilfe raffinierter Mechanismen mehrere Tausend Jahre alt werden. Mit etwa 4800 Jahren gilt die Langlebige Kiefer (Pinus longaeva) Methuselah im US-amerikanischen Inyo National Forest als einer der ältesten Bäume der Welt. Die Zypresse von Abarqu im Iran ist mehr als 4000 Jahre alt. Ginkos können mehr als 1000 Jahre alt werden. Einer der ältesten Bäume in Europa ist der Kastanienbaum der hundert Pferde, eine Edelkastanie (Castanea sativa) am Osthang des Vulkans Ätna auf Sizilien, die auf ein Alter von 2000 bis 4000 Jahren geschätzt wird. „Old Tjikko“, eine Gemeine Fichte (Picea abies) in der schwedischen Provinz Dalarna im Nationalpark Fulufjället gilt mit laut wissenschaftlicher Analysen 9550 Jahren als ältester Baum der Welt.

„In der mexikanischen Provinz Oaxaca steht in dem Dorf Santa María del Tule eine riesige Zypresse. Der „Baum von Tule“ mit seinem Stammdurchmesser von 14 Metern gilt als dickster Baum und größtes Lebewesen der Erde. Einer lokalen Zapoteken-Legende nach wurde der Baum vor 1.400 Jahren von Pechocha, einem Priester des aztekischen Gottes Ehecatl, gepflanzt. Der Baum hat den Namen „Baum des Lebens“ bekommen. Dem rund 1.500 Jahre alten Riesen wird alljährlich ein religiöses Fest zur Feier seiner Langlebigkeit gewidmet.“ (Zum Film „Ein Traum von Baum“ auf arte)

Laub raschelt unter den Füßen, Äste knacken, es duftet nach Tannennadeln und Erde – ein Spaziergang im Wald ist ein leicht erreichbares Naturvergnügen für jedermann!

„Der Wald ist ein magischer Ort, der nur langsam seine Geheimnisse preisgibt. Eine Art Superorganismus, mit einem faszinierenden Zusammenspiel von Pflanzen, Pilzen und Tieren.“ (Zur dreiteiligen Dokureihe „Unsere Wälder“ des Naturfilmers Jan Haft)

  • David G. Haskell, Das verborgene Leben des Waldes. Ein Jahr Naturbeobachtung. Aus dem Englischen von Christine Ammann, Verlag Antje Kunstmann, München 2015
  • Esther Gonstalla, Das Waldbuch. Alles, was man wissen muss, in 50 Grafiken, Oekom Verlag, München 2021

21. März: Internationaler Tag der Wälder


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