Nashorn
Die NASHÖRNER oder auch Rhinozerosse bilden eine Familie der Unpaarhufer mit heute noch fünf lebenden Arten. Sie sind durch einen kräftigen Körper und kurze Gliedmaßen mit drei Zehen sowie einen großen Kopf charakterisiert, der bei allen heute lebenden Vertretern eine markante Bildung, bestehend aus einem oder zwei – für die Familie namengebenden – Hörnern, trägt. Die Familie stellt eine der vielfältigsten und erfolgreichsten in der Geschichte der Säugetiere dar und war während ihrer vor nahezu 50 Millionen Jahren beginnenden Entwicklungsgeschichte über weite Teile Eurasiens, Afrikas und Nordamerikas verbreitet. Die Tiere sind von großer Bedeutung für das Ökosystem, in dem sie leben: Sie prägen die Landschaft maßgeblich, indem sie Wasserlöcher und Savannenflächen offenhalten. Überlebt haben die heute noch bestehenden Nashornarten Breitmaul- und Spitzmaulnashorn im Afrika südlich der Sahara sowie Panzer-, Java- und Sumatra-Nashorn im süd- bis südöstlichen Asien.
Das britisch-australische Künstlerduo „Gillie and Marc“ will mit einer Skulptur auf das Schicksal der letzten drei Nördlichen Breitmaulnashörner aufmerksam machen: Seit Anfang 2018 stehen der im kenianischen Wildtierreservat Ol Pejeta lebende Bulle Sudan und die beiden Weibchen Najin und und ihre elf Jahre jüngere Tochter Fatu aufeinandergetürmt als fünf Meter hoher Bronzeabguss in New York; Nachtrag: Am 19. März 2018 musste der Bulle Sudan eingeschläfert werden.
Beim Nördlichen Breitmaulnashorn, dem inzwischen seltensten Großsäugetier der Welt, handelt es sich um eine so genannte Schlüsseltierart: Bevor die Tiere vom Aussterben bedroht waren, zogen sie in großer Zahl durch Ost- und Zentralafrika, wo sie die Samen Hunderter Pflanzenarten verteilten. Vögel ernährten sich von den Parasiten in ihrer Haut, Antilopen nutzten die Schneisen, welche die Nashörner durch den Dschungel schlugen. Vor 60 Jahren hatte es in den ost- und zentralafrikanischen Wildgebieten noch mindestens 20.000 Exemplare des Nördlichen Breitmaulnashorns gegeben, zwanzig Jahre später waren es gerade noch hundert. Im Jahr 2010 waren sämtliche Exemplare in der Wildnis ausgestorben. Vor allem Wilderer hatten die Unterart nahezu komplett ausgerottet. Nur noch in Zoos gab es über die halbe Welt verteilt ein Dutzend Nördliche Breitmaulnashörner, darunter der Bulle Sudan, seine Tochter Najin und seine Enkelin Fatu im tschechischen Dvur-Králowé-Zoo. Später wurden diese inzwischen letzten drei Nördlichen Breitmaulnashörner in das kenianische Wildtierreservat Ol Pejeta gebracht. Am 19. März 2018 musste Sudan, das letzte männliche Nördliche Breitmaulnashorn, eingeschläfert werden.
Während der Vertreter der größten Art, das Breitmaulnashorn, bis zu 3500 Kilogramm wiegen kann, ist das Sumatra-Nashorn mit einer Schulterhöhe von 100 bis 150 Zentimetern und einem Gewicht von „nur“ 600 bis 950 Kilogramm die kleinste und urtümlichste der fünf Nashornarten. Sumatra-Nashörner existieren seit 20 Millionen Jahren und sind die engsten Verwandten der eiszeitlichen Wollnashörner: Als einzige Nashornart ist es mit einer Behaarung, einem rostbraunen Haarkleid, ausgestattet. Die Nashornart lebt weitgehend einzelgängerisch in tropischen Regenwäldern, ernährt sich von weicher Pflanzenkost und für seine umfangreiche Lautkommunikation bekannt.
Das Sumatra-Nashorn zählt zu den am meisten bedrohten Tierarten überhaupt. Einst waren diese Tiere von Assam in Nordostindien über Indochina bis auf die malaiische Halbinsel und die Großen Sundainseln verbreitet. Bis vor kurzem war ihr Lebensraum auf wenige kleine, isolierte Gebiete auf Borneo und Sumatra geschrumpft. Am 23. November 2019 ist das letzte Sumatra-Nashorn Malaysias auf Borneo eines natürlichen Todes gestorben, wie die Umweltstiftung WWF am 24. November 2019 mitteilte. Damit ist die Art in Malaysia ausgestorben. Letzte Hoffnung ist jetzt Indonesien. Derzeit streifen nach WWF-Schätzungen nicht einmal mehr 80 Tiere, verteilt auf neun isolierte Populationen, durch die Regenwälder auf Sumatra. Im Nationalpask Way Kambas auf Sumatra sind seit 2012 im Rahmen eines Schutzprogramms fünf Sumatra-Nashörner geboren, zuletzt am 25. November 2023.
Mit einem Meter dreißig Schulterhöhe und 500 bis 600 Kilogramm Gewicht können Sabah-Nashörner, eine Unterart des Sumatra-Nashorns, den Titel „Kleinstes Nashorn der Welt“ beanspruchen. Die Weibchen, wie Petra Kretzschmar vom Leibnitz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin herausfand, singen. „Das Tier badete in einem Schlammloch und sang dabei ununterbrochen vor sich hin“, schildert die Biologin die ungewöhnliche Darbietung. Minutenlang hingen auf- und absteigende Töne in der Luft, die an Walgesänge erinnerten. Für wen sie singen, ist bislang unbekannt. „Vielleicht dient er der Verständigung zwischen Mutter und Kind“, vermutet Petra Kretzschmar. Dafür spricht, dass bisher nur Weibchen durch entsprechendes Liedgut aufgefallen sind. Nach bisherigen Schätzungen anhand von Trittspuren trotten nur noch etwa 50 Exemplare des bedrohten Tiers in den Tieflandregenwäldern des malaysischen Bundesstaates Sabah im Norden Borneos. Der Rest ihres einst viel größeren Lebensraums musste den allgegenwärtigen Ölpalmenplantagen weichen.
Zwei Drittel der auf dem indischen Subkontinent beheimateten vom Aussterben bedrohten einhörnigen Nashörner bzw. Panzernashörner leben in dem 845 Quadratkilometer umfassenden Nationalpark Kaziranga im Bundesstaat Assam in Indien. Ihre Zahl ist jetzt um zwölf Tiere gestiegen – von 2401 auf 2413.
Nashörner waren in Asien und Afrika einst weit verbreitet. Durch Lebensraumverlust und Wilderei wurden ihre Bestände jedoch drastisch reduziert. Zwar gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch etwa 500.000 Tiere, bis 1970 wurde die Population jedoch auf 70.000 Nashörner dezimiert. Laut einer Pressemitteilung des Naturschutzbundes Deutschland e.V. (Nabu) vom 20. Mai 2022 gibt es weltweit noch etwa 27.000 Nashörner in Afrika und Asien, mit den jeweils größten Beständen in Südafrika und Indien.
Derzeit leben in Afrika noch etwa 25.000 Nashörner in freier Wildbahn, rund 20.000 davon in Südafrika. Wie die Welttierschutzunion (IUCN) am 19. März 2020 berichtete, wuchs die Population des Spitzmaulnashorns in Afrika in der Wildnis zwischen 2012 und 2018 von geschätzten 4845 auf 5630 Exemplare. Die Unterart Südwestliches Spitzmaulnashorn hat sich so weit erholt, dass die IUCN sie von „gefährdet“ auf die Kategorie „potenziell gefährdet“ herabstufte. Die Zahl der Breitmaulnashörner ist zwischen 2012 und 2017 um 15 Prozent auf 18.000 gesunken. Das nördliche Breitmaulnashorn sei womöglich in der Wildnis bereits ausgestorben. Der Bestand des südlichen Breitmaulnashorns hat sich von wenigen Hundert vor 50 Jahren heute (2021) wieder auf fast 20.000 Exemplare erholt. Zwei Drittel von ihnen leben allerdings auf privaten Wildfarmen.
Die Weltnaturschutzunion IUCN hat am 22. August 2022 aktuelle Bestandszahlen für Nashörner veröffentlicht. Danach lebten Ende 2021 auf dem afrikanischen Kontinent 22.137 Nashörner, 1,6 Prozent weniger als 2017. Insgesamt wurden von 2017 bis 2021 mindestens 2.707 Nashörner afrikaweit illegal getötet. Die Zahl der Breitmaulnashörner schrumpfte seit 2017 um durchschnittlich 3,1 Prozent pro Jahr auf nur noch knapp 16.000 Tiere. 80 Prozent der verbleibenden Tiere leben in Südafrika. Die weltweite Population des Breitmaulnashorns wird heute auf weniger als 13 000 Tiere geschätzt. Die Zahl der Spitzmaulnashörner dagegen ist auf knapp 6200 Tiere gestiegen, ein Zuwachs dieser vom Aussterben bedrohten Art um jährlich etwa drei Prozent seit 2017.
In Asien leben laut IUCN nur noch weniger als 50 Sumatra-Nashörner – und das bei einem jährlichen Rückgang von 13 Prozent zwischen 2017 und 2021. Mehr als 4.000 Panzer-Nashörner leben in Indien und Nepal, zwei Drittel der weltweiten Panzernashornpopulation im Kaziranga-Nationalpark im Nordosten Indiens (im Jahr 2018 wurden in dem Park mehr als 2400 Exemplare gezählt). Die Weltnaturschutzorganisation (IUCN) stuft das einhornige Nashorn auf ihrer Roten Liste als gefährdet ein. Das Java-Nashorn ist eine in Asien beheimatete Nashornart mit nur einem Horn. Einst war es über halb Südostasien verbreitet, doch massive Bejagung und Lebensraumzerstörung haben seine Bestände dezimiert. Heute ist es der seltenste Vertreter der Nashörner und somit eines der seltensten Großsäugetiere der Welt. Die Art ist heute nur noch im Ujung-Kulon-Nationalpark im Südwesten der Insel Java anzutreffen. Die noch immer zu kleine Population ist inzwischen 76 Tiere stark. Die Weltnaturschutzorganisation (IUCN) zählt das Java-Nashorn aufgrund dieser Umstände zu den einhundert am stärksten vom Aussterben bedrohten Arten.
Wie die Weltnaturschutzunion (IUCN) bekanntgab, lebten Ende 2022 fast 23.300 Nashörner in Afrika, 5,2 Prozent mehr als noch 2021 und damit auf dem afrikanischen Kontinent erstmals seit einem Jahrzehnt mehr Nashörner als im Vorjahr. Die Zahl der Spitzmaulnashörnern stieg um 4,2 Prozent auf nunmehr 6.487, die der Breitmaulnashörner um 5,6 Prozent auf 16.803.