Zum 1. Juli 2002

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH; International Criminal Court, ICC) ist ein permanentes, unabhängiges, internationales Strafgericht außerhalb der Vereinten Nationen mit Sitz in Den Haag (Niederlande). Seine juristische Grundlage ist das multilaterale Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs vom 17. Juli 1998, das am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist. Der IStGH ist für die „schwersten Verbrechen, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes“ betreffen, zuständig. Das sind Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen. Jeder, der im Rahmen der Gerichtsbarkeit des ICC eine Straftat begeht, kann strafrechtlich verfolgt werden. Dies gilt jedoch nur, wenn die zuständige nationale Justiz dazu nicht willens oder in der Lage ist.

Die Zuständigkeit des Gerichts erstreckt sich allerdings, so will es das Völkerrecht, ausschließlich auf Staaten, die dem Statut beigetreten sind, und auf Fälle nach dem 1. Juli 2002. Gegenwärtig sind 123 der 193 UN-Staaten Mitglieder des Strafgerichtshofs, seit dem 1. April 2015 auch Palästina. Die USA, Russland, China, Indien, Israel und weitere Staaten gehören dem Strafgerichtshof nicht an. Damit fällt über die Hälfte der Weltbevölkerung nicht unter die Zuständigkeit (und den Schutz) des Strafgerichtshofs. Die Staaten der Europäischen Union sind allesamt ICC-Staaten, überdies viele Länder Latein- und alle Staaten Südamerikas sowie eine ganze Reihe von Ländern des afrikanischen Kontinents. Die USA unterstützen künftig indirekt die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs. Obwohl sie das Tribunal nicht offiziell anerkennen, wollen sie laut New York Times vom 3. April 2013 Millionen Dollar für Hinweise auf gesuchte Kriegsverbrecher bereitstellen. Burundi ist am 27. Oktober 2017 aus dem ICC ausgetreten. Die Regierung begründete den Schritt mit einer angeblichen Voreingenommenheit des Gerichts gegenüber Afrikanern.

 

Der erste Prozess vor dem ICC begann am 26. Januar 2009: Angeklagt war der ehemalige kongolesische Milizenführer Thomas Lubanga Dyilo. Ihm werden Massaker und die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten vorgeworfen. Am 14. März 2012 hat der Weltstrafgerichtshof ihn schuldig gesprochen und damit erstmals ein Urteil gefällt. Am 10. Juli 2012 wurde das Strafmaß gegen ihn verkündet: 14 Jahre Gefängnis.

Der frühere kongolesische Milizenführer Mathieu Ngudjolo Chui wurde mangels Beweise von den Vorwürfen „Kriegsverbrechen“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ (u. a. wegen Rekrutierung von Kindersoldaten, sexueller Versklavung und Angriffen gegen die Zivilbevölkerung) freigesprochen.

Am 7. März 2014 wurde Germain Katanga wegen Beihilfe zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei einem Massaker in einem Dorf in der Provinz Ituri (Demokratische Republik Kongo) schuldig gesprochen. Am 23. Mai 2014 wurde er dafür zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt.

Gegen 36 mutmaßliche Kriegsverbrecher aus afrikanischen Staaten laufen Untersuchungen, darunter gegen den sudanesischen Staatschef Omar Al-Baschir und den Präsidenten Kenias, Uhuru Kenyatta. Der Prozess gegen Kenyatta und damit der erste Prozess gegen ein Staatsoberhaupt vor dem Weltstrafgericht ist am 5. Dezember 2014 nach mehr als zwei Jahren geplatzt. Chefanklägerin Fatou Bensouda zog in Den Haag die Anklage gegen den 53-Jährigen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zurück. Die Beweislage sei unzureichend, teilte sie den Richtern mit. Bensouda machte die Regierung Kenias für das Scheitern des Prozesses verantwortlich.

Am 21. März 2016 ist der ehemalige Vize-Präsident des Kongo, Jean-Pierre Bemba, vom Weltstrafgericht für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig gesprochen worden. Er ist der bisher ranghöchste Politiker, der vom Internationalen Strafgerichtshof verurteilt wurde. Am 21. Juni 2016 wurde er zu 18 Jahren Haft verurteilt. Am 8. Juni 2018 hat das Berufungsgericht hat dieses Urteil aufgehoben, Bemba wurde unter Auflagen freigelassen.

Am 15. Januar 2019 hat der IStGH den früheren Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, von der Anklage wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ freigesprochen. Gegen das Urteil wollen die Haager Ankläger allerdings in Berufung gehen.

Am 8. Juli 2019 wurde der Kongolese Bosco Ntaganda in sämtlichen 18 Anklagepunkten wegen schwerster Menschenrechtsverbrechen, darunter Mord, Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei und der Einsatz von Kindersoldaten, schuldig gesprochen. Es ist erst der vierte Schuldspruch in der 17-jährigen Geschichte der Behörde. Ntaganda kann gegen das Urteil Berufung einlegen.

Am 4. Februar 2021 wurde der frühere Kommandant der berüchtigten Miliz Lord’s Resistance Army (LRA) in Uganda, Dominic Ongwen, wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in 61 Fällen, darunter Mord, Verstümmelungen, sexualisierte Gewalt und der Einsatz von Kindersoldaten, verurteilt. Am 6. Mai 2021 wurde er zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt.

 

Literatur:

 

 


RSS