Zum 10. November 1995

Ken Saro-Wiwas Tod war an Grausamkeit nicht mehr zu überbieten. Nach dem Verfahren vor einem Militärgericht, zu dem er weder einen Anwalt hinzuziehen noch ein eigenes Plädoyer verlesen durfte, wurde der zum Tode verurteilte nigerianische Schriftsteller am Morgen des 10. November 1995 mit acht weiteren Verurteilten von einer Kaserne ins Gefängnis der Provinzhauptstadt Port Harcourt geschleppt. Dort hatte seit Nigerias Unabhängigkeit vom britischen Imperium 1960 keine Hinrichtung mehr stattgefunden: Die Henker wurden aus dem Norden des Landes eingeflogen, die Grube unter dem Galgen erwies sich als zu flach. Ein ums andere Mal wurde der in Ketten Gefesselte mit verbundenen Augen und der Schlinge um den Hals in die Grube gestürzt. Erst beim fünften Mal fand der 56-Jährige nach einem zwanzigminütigen Todeskampf den Tod. „Was seid ihr nur für Menschen?“, soll Ken Saro-Wiwa seine Henker während der Tortur gefragt haben.

Ein vor dem U.S. District Court in Manhattan verhandelter Prozess sollte die Beteiligung des Shell-Konzerns klären. Nach den Worten von Ken Wiwa junior soll mit dem Verfahren nicht nur Wiedergutmachung des individuellen Schadens der Hinterbliebenen erstritten werden: „Wir wollen zu einer Welt beitragen, in der in bodenschatzreichen Landstrichen lebende Menschen nicht nur als Kanonenfutter in einem sinnlosen Krieg um Profite behandelt werden.“ Im Juni 2009 erklärte sich der Ölkonzern Shell zur Zahlung von 15,5 Millionen Dollar (gut elf Millionen Euro) an die Hinterbliebenen bereit und vermied durch diesen Vergleich einen bevorstehenden Prozess.

Derzeit (2020) laufen mehrere Gerichtsverfahren gegen den Öl-Multi Shell, darunter seit 2017 in den Niederlanden ein Prozess, den vier Witwen der »Ogoni Neun« angestrebt haben. Sie beschuldigen die niederländische Firma einer Mitwirkung bei der Verhaftung und Hinrichtung ihrer Ehemänner

Ken Saro-Wiwa wurde für seinen Kampf mehrfach ausgezeichnet, darunter mit dem Alternativen Nobelpreis.


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