Zum 16. Oktober 1998

„Dieses Datum markiert den Beginn eines Prozesses, der die internationale Rechtsordnung verändert hat“, bemerkte der britische Jurist Philippe Sands einmal.

Garzón hatte der Idee der universellen Justiz – oder dem Weltrechtsprinzip – zum Druchbruch verholfen: der Idee, dass bestimmte schwerwiegende Verbrechen überall auf der Welt verfolgt werden können, unabhängig davon, in welchem Land sie verübt worden sind. In internationalen Verträgen wie in der Konvention von 1948 über die Verhütung und Bestrafung von Völkermord hatte sich die Welgemeinschaft schon lange auf dieses Prinzip geeinigt, doch erst Garzón zog daraus praktische Konsequenzen. Angestoßen durch seine Initiative gingen an Spaniens oberstem Gericht mehr als ein Dutzend neue Anzeigen wegen Menschenrechtsvergehen in aller Welt ein, darunter auch die Anzeige gegen Jang Zemin, Li Peng und drei weitere Führungsfiguren der chinesischen KP.

Das südeuropäische Land war in vielen Menschenrechtsangelegenheiten in aller Welt die letzte Hoffnung, weil es das Prinzip der universellen Gerechtigkeit ernst nahm. Diesem Prinzip, dass schwere Menschenrechtsverstöße überall verfolgt werden können, unabhängig davon, wo sie verübt worden sind, hat sich die Weltgemeinschaft in etlichen internationalen Verträgen verpflichtet, etwa in der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948, im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 oder in der UN-Antifolterkonvention von 1984. Doch es ist das eine, solche Verträge zu unterzeichnen, und etwas anderes, sie in die Tat umzusetzen. Spanien hat das getan: weil Menschenrechtsverbände, auf diese Verträge pochend, Klagen einreichten und weil Richter diese Klagen verfolgten.

Doch damit ist es nun vorbei: Am 11. Februar 2014 hat Spaniens konservative Volkspartei mit ihrer absoluten Parlamentsmehrheit der universellen Justiz den Garaus gemacht. Sobald die nun in erster Lesung verabschiedete Justizreform in Kraft ist – voraussichtlich in rund vier Monaten –, werden sich spanische Richter nur noch in wenigen Ausnahmefällen mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit befassen können, die außerhalb Spaniens begangen worden sind.

 


RSS