Zum 26. Juni 1945

Das Dokument war aus dem Grauen des Zweiten Weltkriegs geboren und sollte jede auch nur annähernde Wiederholung solcher Verbrechen verhindern. Noch heute liest sich die Präambel der UN-Charta wie die schönste und größte Utopie dieses Planeten: „Wir, die Völker der Vereinten Nationen, sind fest entschlossen, künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren…“.

Immer wieder muss der global verbindende Impuls „Wir, die Völker der Vereinten Nationen“ wiederbelebt werden, da er den wertvollen Gedanken der Menschheitsfamilie ausdrückt, für den jede Anti-Bewegung und jeder Nationalismus Gift ist. Dieser Gedanke der Einheit inspiriert seither die Menschen in allen Ländern, über die nationalen Grenzen hinaus zusammenzuarbeiten, unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Religion, Ausbildungsstand, Vermögen und Alter.

Artikel 1 der Charta der Vereinten Nationen lautet: „Aufgabe der Vereinten Nationen ist es, effektive und kollektive Maßnahmen zur Vorsorge vor und zur Beseitigung von Bedrohungen des Friedens zu ergreifen.

Die Charta der Vereinten Nationen trat am 24. Oktober 1945 in Kraft.

Den Text der Charta der Vereinten Nationen finden Sie hier.

 

„Vom Gründungstag der neuen Weltorganisation an hat die Supermacht USA die in der UN-Charta festgeschriebenen Grundsätze der Souveränität und Integrität der Mitgliedstaaten fortwährend verletzt. Die Eröffnungskonferenz der UN fand am 25. April 1945 in San Francisco statt. Ganz in der Nähe, im ehemals spanischen Fort Presidio, hatte der US-Militärgeheimdienst ein Spezialteam stationiert, das die meisten Telegramme abfing, die zwischen den Delegationen und ihren Heimatländern ausgetauscht wurden. Die entschlüsselten Nachrichten landeten auf dem Frühstückstisch von Außenminister Edward R. Stettinius.
Der Historiker Stephen Schlesinger, der dieses systematische Ausspionieren beschreibt, stellt triumphierend fest, dass die Vereinten Nationen ‚von Anfang an  ein Projekt der Vereinigten Staaten waren, das vom Außenministerium konzipiert, von zwei entschlossenen Präsidenten durchgezogen und von der US-Macht vorangetrieben wurde‘. Daran hat sich seitdem nichts geändert. Im 1946 verabschiedeten Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der UN ist bestimmt, dass die Vermögenswerte und Guthaben der Vereinten Nationen ‚der Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jeder sonstigen Zwangsmaßnahme durch die vollziehende Gewalt, die Verwaltung, die Justiz oder die Gesetzgebung entzogen‘ sind.
2010 kam jedoch heraus, dass dieses Gebot der damaligen Außenministerin Hillary Clinton egal war. Im Juli 2009 hatte sie CIA, FBI und Se­cret Service angewiesen, die Passwörter und kryptografischen Schlüssel des UN-Generalsekretärs sowie der Botschafter der vier anderen ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats zu beschaffen. Abgeschöpft wurden auch personenbezogene Informationen – bis hin zu biometrischen Daten und Kreditkartennummern – von einflussreichen UN-Beamten und Funktionsträgern, die mit Friedensmissionen oder politischen Sonderaufträgen betraut waren.
Hillary Clinton oder die US-Regierung wurden wegen dieser eklatanten Verletzung einer völkerrechtlichen Bestimmung natürlich niemals belangt. Aber das galt ja auch schon für die im Korea- und im Vietnamkrieg begangenen Gräuel­taten, für die kein US-Entscheidungsträger je zur Rechenschaft gezogen wurde.“
Aus: Perry Anderson, Das internationale Recht des Stärkeren. Eine kurze Geschichte des Völkerrechts von Grotius bis zur UN-Charta, in: Le Monde diplomatique, Februar 2024


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