Abfall- und Schadstoffbelastung der Weltmeere: Information
INFORMATION
RÜCKSICHTSLOSE VERSCHMUTZUNG DER WELTMEERE (UND DER GANZEN ERDE) DURCH PLASTIKMÜLL . . .
Seit der Entwicklung von Plastik in den frühen 1950er Jahren hat die Menschheit nach einer Hochrechnung weltweit etwa 8,3 Milliarden Tonnen des Materials produziert (eine abstrakte Zahl, die Forscher um Roland Geyer von der University of California umgerechnet haben: Demnach entspricht der Plastikberg einer Milliarde Elefanten, 80 Millionen Blauwalen, 822.000 Eiffeltürmen oder 25.000 Gebäuden von der Masse des Empire State Buildings). Das allermeiste davon befinde sich heute als Müll in der Umwelt, bestenfalls noch auf Deponien, berichten US-Forscher im Juli 2017 im Fachblatt Science Advances. Bis zum Jahr 2050 werde sich die Menge an Plastikmüll vermutlich auf etwa zwölf Milliarden Tonnen vergrößern. Laut Schätzungen der UN werden mittlerweile jährlich etwa 400 Millionen Tonnen Plastikmüll weltweit produziert. Nur neun Prozent des Mülls werden laut UN wiederverwertet. Der Rest landet in Deponien, wird verbrannt, ins Ausland exportiert oder treibt über Flüsse in die Meere. Rund elf Millionen Tonnen landen jedes Jahr in den Ozeanen.
Dem unter dem Titel „Gesunde Umwelt, Gutes Leben für alle“ am 13. März 2019 in Kenias Hauptstadt Nairobi vorgestellten aktuellen 6. Report „Global Environment Outlook“ (GEO-6) des UN-Umweltprogramms (Unep) zufolge geraten jährlich rund acht Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane (alle drei Sekunden eine Tonne) (jährlich werden laut Unesco weltweit rund 350 Millionen Tonnen Kunststoffe hergestellt), vor allem über die großen Flüsse in Asien und Afrika (rund 80 Prozent des Plastikmülls gelangen über 1000 der 100.000 weltweit existierenden Flüsse in die Ozeane), das entspricht einer Lkw-Ladung pro Minute. Jedoch ist nur ein Prozent davon an der Meeresoberfläche auffindbar (wiederum die Hälfte davon, also nur 0,5 Prozent, findet sich in den sogenannten Müllstrudeln). Die gesamten restlichen 99 Prozent sinken als Mikroplastik in die kalten Tiefen des Ozeans hinab. Dort, auf dem Tiefseeboden, ist die Plastikkonzentration um das Tausendfache höher ist als an der Meeresoberfläche.
1950 wurden weltweit nur etwa 1,5 Millionen Tonnen Plastik hergestellt. Im Jahr 2021 waren es 391 Millionen Tonnen. Insgesamt wurden auf der Erde seit dem Beginn des „Plastikzeitalters“ in den 1950er Jahren rund 8,3 Milliarden Tonnen Plastik produziert. Kunststoffmüll ist mittlerweile auch im Boden und in der Luft nachweisbar. Forscher halten die „terrestrische“ Belastung langfristig sogar für noch gefährlicher als die der Ozeane. Etwa ein Drittel der Plastikmenge gelangt unkontrolliert in die Umwelt. Laut WWF sind es jedes Jahr über 11 Millionen Tonnen Plastikmüll.
Laut den Angaben des zwischenstaatlichen Verhandlungsausschusses für Plastikverschmutzung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) gelangten im Jahr 2016 neun bis 14 Millionen Tonnen Plastikmüll in marine Ökosysteme, zwischen 2023 und 2040 dürften es 23 bis 37 Millionen Tonnen pro Jahr sein.
Einer am 7. August 2023 im Fachjournal „Nature Geoscience“ erschienenen niederländischen Studie zufolge gelangt zwar deutlich weniger Kunststoff-Müll in die Weltmeere als bislang angenommen (jährlich „nur“ 0,5 Millionen Tonnen), wird dort aber langsamer abgebaut. Mit 3,2 Millionen Tonnen ist die akkumulierte Plastikmenge in den Ozeanen danach viel größer als bislang angenommen.
Eine am 8. Februar 2022 von der Umweltschutzorganisation WWF und dem Alfred-Wegener-Institut (AWI) vorgestellte Studie beleuchtet das dramatische Ausmaß der globalen Plastikkrise und fasst unser Wissen über die Auswirkungen der Verschmutzung auf die Arten und Ökosysteme des Ozeans zusammen. Die Plastikverschmutzung des Ozeans wächst der Studie zufolge exponentiell und wird weiter zunehmen. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts könnten Meeresgebiete von der zweieinhalbfachen Fläche Grönlands ökologisch riskante Schwellenwerte der Mikroplastikkonzentration überschreiten, da die Menge des marinen Mikroplastiks bis dahin um das 50-fache zuzunehmen droht. Diese Prognose beruht auf einer Kettenreaktion: Die Kunststoffproduktion wird sich bis 2040 voraussichtlich mehr als verdoppeln. In der Folge vervierfacht sich das größere Makroplastik im Ozean in den kommenden 30 Jahren. Dieses zersetzt sich mit der Zeit in immer kleinere Teile bis hin zum Mikro- und Nanoplastik. In einigen Brennpunktregionen wie dem Mittelmeer, dem gelben Meer, dem Ostchinesischen Meer und dem Meereis der Arktis hat die Mikroplastikkonzentration den ökologisch kritischen Schwellenwert bereits heute überschritten. Die Durchdringung des Ozeans mit Plastik ist unumkehrbar. Einmal im Meer verteilt, lässt sich Kunststoffmüll kaum zurückholen. Er zerfällt stetig, sodass die Konzentration von Mikro- und Nanoplastik noch jahrzehntelang ansteigen wird. Plastikmüll durchringt das gesamte System des Ozeans – vom Plankton bis zum Pottwal. Für alle Artengruppen des Meeres sind bereits negative Auswirkungen von Kunststoffmüll nachweisbar.
Dem Anfang Juni 2022 von der OECD veröffentlichten „Global Plastic Outlook“ zufolge wird sich der weltweite Plastikverbrauch bis 2060 verdreifachen.
Wie aus einer am 10. Juni 2021 im Fachmagazin „Nature Sustainability“ veröffentlichten Untersuchung hervorgeht, bestehen etwa 80 Prozent der weltweit in die Ozeane gespülten und mehr als 2,5 Zentimeter großen Müllteile aus Plastik, das wiederum hauptsächlich von Essen- und Getränkeverpackungen zum Mitnehmen stammt.
Experten verweisen darauf, dass eine wirklich nachhaltige Lösung darin bestünde, in den Entwicklungs- und Schwellenländern effektive Sammel- und Recyclingsysteme für Plastik aufzubauen.
Laut Umweltbundesamt sterben weltweit jedes Jahr mindestens eine Million Seevögel und über 100.000 Meeressäuger wie Wale, Delfine und Robben am Plastikmüll – entweder weil sie nicht verdaubare Plastikteile mit Nahrung verwechseln oder weil sich die Tiere in Verpackungsmaterialien oder Abfällen aus der Fischerei verheddern.
Ein Forscherteam um den Vogel-Experten Alex Bond hat bei bestimmten Seevögeln erstmals eine neue, speziell durch Plastikteile verursachte Krankheit entdeckt, die „Plastikose“ (englisches Original: „plasticosis“). Die Erkenntnisse wurden am 26. Februar 2023 im „Journal of Hazardous Materials“ veröffentlicht. Die Krankheit kommt mutmaßlich auch bei anderen Arten vor.
Im Jahr 2050 könnte das Gewicht des in den Ozeanen treibenden Plastiks größer sein als das Gesamtgewicht der dort lebenden Fische. Davor hat die Ellen-MacArthur-Stiftung am 20. Januar 2016 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos gewarnt. Der Großteil von Tüten und Verpackungen gelangt vom Land ins Meer. Derzeit landen demnach pro Jahr mindestens acht Millionen Tonnen Plastik in den Ozeanen, das entspreche einem vollen Müllwagen pro Minute – Tendenz steigend. Die besten Schätzungen gehen nach Stiftungsangaben von derzeit 150 Millionen Tonnen Plastik in den Weltmeeren aus. Gehe die Entwicklung ungestört weiter, würden es bis 2025 demnach 250 Millionen Tonnen sein – und damit eine Tonne Plastik pro drei Tonnen Fisch. Nach diesen Zahlen gehen die Autoren also von weltweit etwa 700 bis 800 Millionen Tonnen Fisch in den Meeren aus. Sie rechnen damit, dass deren Gesamtgewicht bis 2050 gleichbleibt, während die jährliche Plastikmenge deutlich zunimmt. Von 1964 bis 2014 sei die weltweite Plastikproduktion um das Zwanzigfache gestiegen und habe in jenem Jahr 311 Millionen Tonnen erreicht. Nach Schätzungen der Stiftung könnte die Plastikproduktion bis 2050 um das 3,6-Fache steigen, auf 1,124 Milliarden Tonnen pro Jahr. Für den Bericht wurden unter anderem Daten einer Studie des UN-Umweltprogramms (Unep) von 2014 ausgewertet.
„Das ist ein Güterzug vollgepackt mit Meeresmüll von hier zum Mond und halb zurück“, versucht Jochen Flasbarth, Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), die Menge von bis zu 142 Millionen Tonnen Müll in den Weltmeeren zu veranschaulichen. 600.000 Kubikmeter Müll haben sich allein auf dem Grund der Nordsee angehäuft. In der Ostsee landen nach Schätzungen der Umweltorganisation WWF jedes Jahr bis zu 10.000 sogenannte Geisternetze und Angelschnüre. In den kaputten Kunststoffnetzen verheddern sich Fische, Meeresschildkröten, Robben und Meeressäuger. In europäischen Meeren treiben nach Schätzungen der Welternährungsorganisation FAO 25.000 verlorengegangene oder entsorgte Fischernetze (aneinandergereiht würde das eine Strecke von 1250 Kilometern ergeben, das entspräche fast der Luftlinie von Hamburg nach Rom), weltweit soll es sich um die gewaltige Menge von 640.000 Tonnen Plastik handeln.
Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) haben erstmals in einer umfassenden Datenbank alle bisher publizierten Informationen zum Thema „Müll und Mikroplastik im Meer“ zusammengetragen, ausgewertet und Anfang 2017 im Online-Portal AWI-Litterbase veröffentlicht.
Auf den Ozeanen haben sich durch Meeresströmungen fünf riesige Müllwirbel gebildet. Nach Schätzungen befinden sich in diesen Strudeln rund 270.000 Tonnen Kunststoff, zum größten Teil kleine, etwa daumennagelgroße Plastikteilchen, aber auch Objekte wie Flaschen, Plastikdeckel und Eimer.
Der größte davon, der 2009 entdeckte „Great Pacific Garbage Patch“, der Große Pazifische Müllstrudel, ein gigantischer Teppich, der zwischen Hawaii und Kalifornien im Nordpazifik im Uhrzeigersinn rotiert, wurde zum Symbol menschlicher Umweltsünden. Im Jahr 2018 hat ein internationales Forschungsteam berichtet, dass hier 80.000 Tonnen Plastik in einem Gebiet von 1,6 Millionen Quadratkilometern treiben, eine Fläche, die viereinhalbmal so groß ist wie Deutschland.
Wie das Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven am 22. Oktober 2015 mitteilte, hat der Plastikmüll inzwischen auch die Arktis erreicht. Die Kunststoffreste, die zwischen Grönland und Spitzbergen treiben, könnten aus einem neuen Müllstrudel stammen, der sich derzeit in der Barentsee nördlich von Norwegen und Russland zu bilden scheint. Es wäre der sechste weltweit. In ihm, vermutet das AWI, sammelt sich Müll aus Nordeuropa.
Laut einer am 22. Juli 2020 in der Zeitschrift „Science of The Total Environment“ veröffentlichten Studie des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung befinden sich (Stand August 2020) alleine an der Wasseroberfläche der Ozeane etwa 399.000 Tonnen Plastik.
Laut einer am 17. März 2022 im Fachmagazin Scientific Reports veröffentlichten Studie spülen Flüsse in Europa Hunderte Tonnen von Mikroplastik in die nördlichen Meere. Die Studie berücksichtigt in ihrem Modell alle Flüsse, die jährlich mehr als eine Tonne Mikroplastik in die nördlichen Meere spülen. Dazu gehören auch die deutschen Flüsse Rhein (473 Tonnen), Oder (98 Tonnen), Elbe (77 Tonnen), Weser (25 Tonnen) und Ems (drei Tonnen).
Dreiviertel des Mülls im Meer besteht aus Kunststoffen, deren Abbau Jahrhunderte benötigt. 5,25 Billionen Plastikteile mit einem Gesamtgewicht von fast 269.000 Tonnen treiben einer groben Schätzung zufolge in den Ozeanen. Das berichtet eine internationale Forschergruppe um den amerikanischen Umweltschützer Marcus Eriksen vom Five Gyres Institute in Los Angeles im Dezember 2014 in der Fachzeitschrift „Plos One“. Stephan Lutter, Experte für Meeresschutz bei der Umweltorganisation WWF, schätzt, dass auf einen Quadratkilometer Meer bis zu 46.000 Teile Plastikmüll kommen.
Aus einer von der Umweltstiftung WWF entwickelten interaktiven Weltkarte – genannt „Global Plastic Navigator“ – geht hervor, in welchen Ländern besonders viel Plastikmüll in die Umwelt gelangt, welche Flüsse am meisten davon in die Meere transportieren und wie weit Kunststoff auf den Oberflächen der Ozeane verbreitet ist. Außerdem zeigt der Navigator, welche Länder ein internationales Abkommen unterstützen, das den Eintrag von Plastikmüll in die Meere beendet. Darunter sind die Mitgliedsstaaten der EU und der Afrikanischen Union, nicht allerdings die USA, China und Russland.
Wie der am 6. November 2019 veröffentlichte Greenpeace Report belegt, landen jährlich rund 640.000 Tonnen altes Fischereigerät wie Netze, Bojen, Leinen, Fallen und Körbe als Fischereimüll in die Ozeane und tragen zu etwa zehn Prozent zur Plastikbelastung bei. Sechs Prozent aller eingesetzten Netze, neun Prozent aller Fallen und 29 Prozent aller Langleinen enden in den Meeren. Schätzungen zufolge treiben mehr als 640.000 Tonnen Geisternetze in den Weltmeeren.
Laut einer 2015 veröffentlichten Studie unter Leitung der US-Umweltingenieurin Jenna Jambeck von der Universität von Georgia in Athens geraten jedes Jahr zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastikabfall in die Meere. Die Wissenschaftler hatten für ihre Erhebung die Müllströme in 192 Küstenländern untersucht, 20 von ihnen sind für 83 Prozent des unsachgemäß entsorgten Plastikmülls verantwortlich. An der Spitze steht China, gefolgt von Indonesien und den Philippinen. Die Forscher nutzten für ihre Studie Daten aus dem Jahr 2010; „wahrscheinlich ist die Menge seither weiter gestiegen“, vermutet Melanie Bergmann. Ein Hauptproblem sei es, „dass wir nicht genau wissen, wo ein Großteil bleibt“. Bisher habe sich die Forschung vor allem mit jenen Abfällen befasst, die sichtbar auf der Meeresoberfläche treiben. Wie viel allerdings noch in der Tiefsee und auf dem Boden lagere, sei weitgehend unbekannt.
3,5 bis 5,7 Millionen Tonnen kommen allein aus Europa. Es wird geschätzt, dass rund 80 Prozent des Meeresmülls von der Landseite kommen, laut UBA vor allem über Flüsse oder über große küstennahe Mülldeponien beispielsweise im Mittelmeerraum. Etwa zehn Prozent des Plastikmülls in den Meeren stammt Schätzungen zufolge von der Fischerei.
Einer im August 2021 veröffentlichten Schätzung der Meeresschutzorganisation OceansAsia in Singapur zufolge wurden im Jahr 2020 weltweit rund 52 Milliarden Corona-Masken hergestellt, von denen nach Schätzungen nicht weniger als 1,56 Milliarden in den Weltmeeren gelandet sind. Dies bedeutet eine zusätzliche Belastung der Ökosysteme mit bis zu 6240 Tonnen Plastik. Die Masken brauchen bis zu 450 Jahre, um sich in den Meeren zu zersetzen, mahnt OceansAsia.
Wie Messungen von Forschern des „National Oceanography Centre“ (NOC) in Großbritannien ergeben haben, befinden sich im Atlantik Millionen Tonnen Mikroplastik. Laut einer am 18. August 2020 in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlichten Studie sind es allein in den oberen Wasserschichten der ersten 200 Meter schätzungsweise zwölf bis 21 Millionen Tonnen. Mikroplastik ist per Definition zwischen einem Mikrometer (0,001 Millimeter) und fünf Millimeter groß, noch kleinere Partikel werden als Nanoplastik bezeichnet.
Nach Definition der Europäischen Chemikalienagentur Echa sind Mikrokunststoffe „feste Kunststoffpartikel, die aus Gemischen von Polymeren und funktionalen Zusatzstoffen bestehen“. Mikroplastik wird entweder absichtlich hergestellt – etwa als Granulat in Kunstrasenplätzen – oder es wird unabsichtlich gebildete, etwa durch den Abrieb von Reifen. Die Echa schätzt, dass jährlich rund 42.000 Tonnen absichtlich und 176.000 Tonnen unabsichtlich produziertes Mikroplastik in der Umwelt Europas landen.
Laut einer am 28. September 2024 in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlichten Übersichtsstudie, die von einem internationalen Team unter Beteiligung der Universität Freiburg erstellt wurde, belasten Nano- und Mikroplastikpartikel zunehmend urbane und ländliche Landschaften, wo Bienen und andere Nutzinsekten mit ihnen in Kontakt kommen. Nehmen die Insekten Plastikpartikel über die Nahrung oder die Luft auf, kann das ihre Organe schädigen und Verhaltensveränderungen verursachen, sodass sie wichtige ökologische Funktionen wie die Bestäubung und Schädlingsbekämpfung nicht länger gut erfüllen können. Die Plastikverschmutzung birgt daher erhebliche Risiken für die Artenvielfalt, die landwirtschaftliche Produktion und die globale Ernährungssicherheit.
Forscher haben nachgewiesen, dass Industriegifte bis in die tiefsten Tiefen der Erde vorgedrungen sind. Am 13. Februar 2017 berichteten sie in der Zeitschrift Nature Ecology & Evolution, dass kleine Krebse im Marianengraben, mit etwa 11.000 Metern die tiefste Stelle aller Ozeane, stark mit Polychlorierten Biphenylen (PCB), die zum „dreckigen Dutzend“ der langlebigen organischen Schadstoffe gehören, sowie polybromierten Diphenylethern (PBDE) belastet seien.
In einem Tiefseegraben im Pazifischen Ozean haben Forscher in 8250 Metern Tiefe massenhaft Mikroplastik entdeckt. Wie das Team um die Frankfurter Senckenberg-Wissenschaftlerinnen Serena Abel und Angelika Brandt im Jahr 2020 im Fachjournal „Environmental Pollution“ schreibt, fanden sich in einem Kilogramm Sediment bis zu 209 der nur wenige Mikrometer großen Plastikreste. „Am häufigsten haben wir Mikroplastik an einer der am tiefsten gelegenen Beprobungsstationen gefunden“, berichtet Abel. Die Forscher ziehen daraus den Schluss, dass „die Gräben am Ozeanboden ein Sammelbecken für Plastik sein können“. Die acht Proben wurden den Angaben zufolge im Jahr 2016 bei einer Expedition im nordwestlichen Pazifik im Kurilen-Kamtschatka-Graben in einer Tiefe zwischen 5143 und 8255 Metern entnommen. Nachgewiesen wurden 15 verschiedene Plastik-Arten, darunter das für Verpackungen verwendete Polypropylen. Die meisten der winzigen Teilchen waren kleiner als ein Achtel Millimeter.
Laut einer Mitteilung der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung vom 12. Juli 2022 ist die Tiefsee noch stärker mit Mikroplastik belastet, als bislang angenommen.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Bayreuth haben in oft konsumierten Muscheln Mikroplastik nachgewiesen. In allen untersuchten Muschelproben seien die kleinen Kunststoffteilchen gefunden worden, teilte Martin Löder von der Universität Bayreuth im Februar 2021 mit. Im Rahmen der Forschung von 2014 bis 2018 wies das Team neun unterschiedliche Kunststoffsorten nach. Ein Gramm Muschelfleisch enthielt laut der Studie zwischen 0,13 und 2,45 Mikroplastik-Partikel. Die Kunststoffteilchen seien winzig klein – zwischen 0,003 und fünf Millimetern. Muscheln filtern das Wasser und nehmen damit auch winzige Kunststoffteilchen auf.
Der Plastikmüll in den Weltmeeren wird immer mehr zur tödlichen Gefahr für Seevögel. Sie ersticken daran, verhungern oder verstopfen ihren Darm mit verschluckten Kunststoffteilen. Bis 2050 könnten 99 Prozent aller Meeresvogelarten von diesem Schicksal betroffen sein, prognostizieren die Wissenschaftler. Während 1960 nur rund fünf Prozent der Vögel mit Kunststoff im Bauch gefunden wurden, waren es 2010 bereits 80 Prozent. Zu diesem alarmierenden Ergebnis kamen Forscher der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) und des Imperial College London in einer am 27. August 2015 veröffentlichten Studie. Sie hatten untersucht, wie verbreitet die Bedrohung der Seevögel der Welt durch Plastik ist. Geht der Trend so weiter, dann werden bis zum Jahr 2050 99 Prozent aller Seevogelarten mehr oder weniger regelmäßig Plastik fressen, schätzen die Forscher. Besonders fatal ist dies für Vogelarten wie Sturmvögel oder Tordalke, die einmal Verschlucktes nicht spontan wieder herauswürgen können. Aber auch Albatrosse und Raubmöwen, die dies können, gehen häufig an zu viel Plastik im Bauch zugrunde.
Nicht nur in Walen oder Seevögeln, sondern auch in Fischen in der Nord- und Ostsee finden sich Reste von Plastikmüll, wie neue Studien des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts, Helmhotz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) gezeigt haben.
Plastikmüll ist nicht nur für große Meerestiere eine tödliche Gefahr. Zu mikroskopisch kleinen Teilen zermahlen, schwächt er im Sediment lebende Würmer, berichten Forscher im Dezember 2013 im Fachmagazin Current Biology. Nehmen Wattwürmer Kunststoffpartikel auf, fressen sie demnach deutlich weniger und ihre Energiereserven schwinden. Die möglichen Folgen für das gesamte Ökosystem seien immens. Wattwürmer sind eine Schlüsselspezies in den Tidenbereichen der Nordsee. Die Tiere fressen ständig den Sand ihrer Umgebung, um organische Stoffe als Nahrung herauszufiltern (und nehmen dabei auch die Plastikkrümel auf). Dabei wälzen sie das Watt um – bei einer typischen Dichte von 85 Würmern je Quadratmeter 400 Kubikmeter Sediment im Jahr – und durchlüften es. Eine um ein Viertel verringerte Fressaktivität könne zur Folge haben, dass 130 Kubikmeter Sediment weniger umgelagert würden, schreiben die Forscher. Allein auf dem Grund der Nordsee liegen Experten zufolge rund 600.000 Kubikmeter Plastikmüll.
Das Mittelmeer ist laut einer am 24. Juli 2019 veröffentlichten Studie das Meer mit der größten Müllbelastung in Europa. Seit 2009 sei die Menge an Abfall kontinuierlich angestiegen. In den 90er Jahren lag die Belastung demnach bei rund 100 Müllteilen pro Quadratkilometer. Seit 2012 sei dieser Wert etwa doppelt so hoch. 2015 seien sogar 300 Teile Müll pro Quadratkilometer registriert worden. Plastikmüll mache mehr als 60 Prozent der Abfälle aus. Die Nordsee sei dagegen deutlich weniger belastet. Bei einer ähnlichen Studie seien dort 50 Müllteile pro Quadratkilometer gefunden worden.
Laut einer Mitteilung der Weltnaturschutzunion (IUCN) vom 27. Oktober 2020 fließen derzeit jährlich geschätzt 230.000 Tonnen Plastik im Mittelmeer. Das entspreche umgerechnet pro Tag dem Inhalt von mehr als 500 Frachtcontainern, teilte ein Sprecher der Umweltorganisation mit. Falls keine entschiedenen Gegenmaßnahmen getroffen würden, werde sich diese Menge bis 2040 verdoppeln. Der Abfall stammt den Angaben zufolge aus den 33 Küstenstaaten oder gelangt über Zuflüsse wie Nil, Po und Rhone in das Binnenmeer. Die größten Mengen kommen laut Studie aus Ägypten mit rund 74.000 Tonnen pro Jahr, gefolgt von Italien (34.000 Tonnen) und der Türkei (24.000 Tonnen).
Laut einer am 4. Oktober 2021 von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Griechischen Zentrums für Meeresforschung (Hellenic Centre for Marine Research, HCMR) im Fachjournal „Frontiers in Marine Science“ veröffentlichten Studie landen jährlich rund 17.600 Tonnen Plastikmüll im Mittelmeer. Davon treiben als 3750 Tonnen an der Oberfläche, rund 2800 Tonnen sinken auf den Meeresboden, der große Rest, ca. 80 Prozent, wird an die Strände geschwemmt und verschmutzt diese meist dauerhaft.
400 Müllteile finden sich auf 100 Meter Nordseestrand. An der Ostsee sind es 70 Müllteile pro 100 Meter Strand. Rund 70 Prozent davon sind aus Kunststoff. (Quelle: Umweltbundesamt, Runder Tisch gegen Meeresmüll, 2017) „Müll ist überall an der Küste vorhanden und am Meeresboden weit verbreitet. Pro 100 Meter Strandabschnitt sind bis zu 389 Müllteile zu finden, 88,6 Prozent davon sind aus Plastik.“ (Aus dem Anfang Januar 2019 vom niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies vorgestellten nationalen Bericht zum Zustand der Nordsee)
Wissenschaftler aus Bremerhaven haben im Jahr 2018 im arktischen Meereis so viel eingeschlossenes Mikroplastik gefunden wie nie zuvor – in einem Liter bis zu 12.000 Teilchen.
Laut einer am 7. Februar 2023 veröffentlichten Untersuchung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) stammt ein Drittel des an den Stränden Spitzbergens angeschwemmten eindeutig identifizierbaren Plastikabfalls aus Europa, ein großer Teil davon aus Deutschland.
Doch nicht allein große Plastikgegenstände sind schuld an der Verschmutzung; auch Mikroplastik (als Mikroplastik werden laut Umweltbundesamt alle Plastik-Partikel bezeichnet, die fünf Millimeter und kleiner sind; Partikel unter einem Mikrometer – das ist das Tausendstel eines Millimeters – firmieren als Nanoplastik) ist gefährlich. Ein Großteil dieser kleinen Plastikpartikel stammt von Textilien (insgesamt 35 Prozent des Mikroplastiks im Meer stammen einer Studie der Weltnaturschutzunion IUCN zufolge von dem Faserabrieb, der bei der Textilwäsche entsteht). Tests mit Waschmaschinen haben bestätigt: Ein Kleidungsstück aus synthetischem Material verliert pro Waschgang rund 2000 Fasern. Weil weder Waschmaschinen noch Klärwerke sie zurückhalten können, landen sie in Flüssen und schließlich im Meer. In Europa hat man das Problem nun erkannt. So zielt das EU-Projekt Mermaids darauf ab, diese Verschmutzung um siebzig Prozent zu reduzieren. Auch viele Kosmetikprodukte enthalten Mikroplastik in Form winziger Kügelchen und Perlen, weil es die mechanische Reinigung von Haut oder Zähnen verbessern soll. Täglich schwappen mit den Abwässern unzählige Tonnen dieser mikroskopisch kleinen Teilchen in die Flüsse und Weltmeere. Laut einer am 29. September 2015 veröffentlichten Studie des Umweltbundesamtes unter dem Titel Quellen für Mikroplastik mit Relevanz für den Meeresschutz in Deutschland werden weltweit pro Jahr rund 300 Millionen Tonnen Kunststoffe hergestellt (Stand 2013). Es sei davon auszugehen, dass bis zu 30 Millionen Tonnen davon pro Jahr weltweit im Meer laden – davon in Europa allein 3,4 bis 5,7 Millionen Tonnen pro Jahr.
Laut einer am 5. Oktober 2018 veröffentlichten, vom Naturschutzbund (Nabu) in Auftrag gegebenen Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik gelangen jährlich in Deutschland 977 Tonnen Mikroplastik und 46.900 Tonnen gelöste Polymere allein aus Kosmetikprodukten sowie Wasch-, Putz- und Reinigungsmitteln (WPR) ins Abwasser.
Greenpeace hat in einer am 28. September 2016 veröffentlichten Report: Plastik in Fisch und Meeresfrüchten den aktuellen Forschungsstand zur Belastung von Fischen, Krusten- und Schalentieren mit Mikroplastik zusammengefasst.
Die Umweltschutzorganisation BUND führt eine ständig aktualisierte Liste über Mikroplastik in Kosmetika und Reinigungsmitteln. Hinter welchen Begriffen sich in Kosmetik-Produkten Kunststoffe verbergen, geht aus der von Greenpeace entwickelten Infokarte Plastik abschminken hervor.
Im Jahr 2017 hat das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik festgestellt, dass pro Kopf in Deutschland 1,23 Kilogramm Reifenabrieb in die Umwelt gelangen. Damit ist dies die größte Einzelquelle für Mikroplastik.
Der tunesische Chemiker Mohamed Larbi Bouguerra weist in seinem Artikel „Das Meer kann nicht warten“ in Le Monde diplomatique vom Juli 2022 darauf hin, dass Schätzungen zufolge die 320 Kreuzfahrtschiffe, die derzeit auf den Weltmeeren unterwegs sind, die Ozeane jährlich mit 100.000 Tonnen Mikroplastik belasten.
Dass „die Verschmutzung durch Mikroplastik an Land viel größer ist als in den Meeren – sie wird je nach Umgebung auf das Vier- bis 23-Fache geschätzt“, betonten Forscher des Berliner Leibnitz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Freien Universität Berlin (FU) schon Ende 2017. Experten des Alfred-Wegener-Instituts stellten fest, dass Mikroplastikpartikel offensichtlich über die Atmosphäre sehr große Entfernungen zurücklegen und dann vor allem mit dem Schnee aus der Luft ausgewaschen werden. Selbst der Schnee in der Arktis enthielt noch bis zu 14.400 Plastikpartikel pro Liter. Ihre Studie ist am 14. August 2019 im Fachmagazin Science Advances erschienen.
Das am 6. Januar 2021 veröffentlichte WWF Hintergrundpapier „Mikroplastik in der Umwelt“ enthält neuste wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Thema Mikroplastik. Ihm zufolge verspeist jeder Mensch pro Woche in etwa das Äquivalent einer Kreditkarte, vor allem über mit Mikroplastik durchsetztes Trinkwasser, aber auch über Lebensmittel wie Honig, Muscheln oder Fisch. Weitere Quellen sind der Abrieb von Mikroplastik in Plastikflaschen und Synthetikfasern in der Atemluft. Laut WWF wurde in den vergangenen zwanzig Jahren so viel Plastik produziert wie in allen Jahren zuvor zusammen.
Einer neuen Studie zufolge sind alle europäischen Meere bis hinunter in die Tiefseegräben mit Plastikmüll und anderen Abfällen verschmutzt. Selbst entlegene Gebiete wie die Arktis und der Mittelatlantische Rücken seien betroffen.
Dass Kunststoffe auch an die entlegensten Orte der Erde gelangen können, haben bereits zahlreiche Studien gezeigt. Plastikpartikel wurden zudem in Meerestieren und Vögeln gefunden, die sich ihre Nahrung in den Ozeanen suchen. Und sogar in Menschen hat man die Kunststoffteilchen schon nachgewiesen: in der Milz, den Nieren und in der Leber. Erst Ende März 2022 berichteten Forschende aus den iederlanden zudem, Mikroplastik im menschlichen Blutkreislauf gefunden zu haben. Sie stellten die Frage, ob die Partikel von dort aus in die Organe gelangen und möglicherweise sogar die Blut-Hirn-Schranke überwinden können. Wenig später wurden diese winzigen Teilchen nun auch in der Lunge entdeckt.
Zum Thema „Plastik“ vgl. auch 52. KW: Vermüllung der Welt.
. . . SOWIE DURCH VIELES ANDERE MEHR
Laut UN-Daten von 2017 werden weltweit bis zu 80 Prozent der Abwässer aus Siedlungsgebieten direkt und nicht über Kläranlagen in Bäche, Flüsse oder das Meer geleitet.
Die britische Umweltbehörde Environment Agency hat am 27. März 2024 bekanntgegeben, dass im Jahr 2023 in Großbritannien 3,6 Millionen Stunden lang ungeklärte Abwässer in Flüsse und ins Meer geflossen sind – mehr als doppelt so viele Stunden wie 2022. Umweltorganisationen werfen den Wasserversorgern vor, Investitionen in die Infrastruktur versäumt zu haben und stattdessen hohe Dividenden an ihre Anteilseigner auszuzahlen.
Vor Jahren hat die Umweltorganisation WWF ermittelt, dass im Zuge von illegalen Tankreinigungen auf See 1,5 Millionen Tonnen Öl jährlich allein in das vergleichsweise kleine Mittelmeer geleitet werden.
Entgegen früheren Beteuerungen des Fukushima-Betreibers Tepco floss radioaktiv verseuchtes Kühlwasser eventuell schon seit dem Super-GAU im Jahr 2011 in den Pazifik. Nachdem sich das Problem zugespitzt hatte, da riesige Mengen kontaminierten Grundwassers sich unterirdisch ebenfalls Richtung Meer bewegten und durchzubrechen drohten, erlaubte die japanische Atomaufsicht am 7. Juli 2023 die Einleitung des gesamten radioaktiv belasteten Wassers in den Pazifik. Am 24. August 2023 wurde damit begonnen. Bis das gesamte gelagerte Wasser – rund 1,3 Millionen Tonnen – abgelassen ist, dürften 30 Jahre vergehen.
Der Sauerstoffmangel zählt zu den gravierendsten Umweltproblemen der Weltmeere. Die Vereinten Nationen zählen immer mehr sogenannte oxygen minimum zones, sauerstoffarme Unterwassergebiete, in denen kaum noch Leben möglich ist. Die Zahl dieser „Todeszonen“ sei von 2008 bis 2019 von mehr als 400 auf etwa 700 gestiegen, heißt es im zweiten „World Ocean Assessment“ der UN zum Zustand der Meere, der am 21. April 2021 in New York vorgestellt wurde. Besonders betroffen sind demnach neben dem Golf von Mexiko und dem Südchinesischen Meer auch die Ost- und die Nordsee. Die Ursache sehen Forscher darin, dass immer mehr Nährstoffe – wie etwa Düngemittel aus der Landwirtschaft – über Flüsse in die Meere gelangen. Die UN sehen eine Tendenz zur weiteren Verschlechterung der Lage: „Es wird geschätzt, dass sich der menschengemachte Stickstoffeintrag an den Küsten in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts verdoppeln wird“, heißt es in dem Bericht.
Seit den 1970er Jahren sollen rund 300 Satelliten oder Raumstationen im sogenannten Weltraumfriedhof, einem „Point Nemo“ genannten, zwischen Chile und Neuseeland gelegenen Meeresbereich versenkt worden sein, darunter die 120 Tonnen schwere sowjetische Raumstation MIR, die im März 2001 gezielt zum Absturz gebracht wurde, sowie Versorgungsschiffe, Raketen und andere Weltraumfahrzeuge. Auch große Teile der Internationalen Raumstation ISS, die noch bis 2030 betrieben werden soll – mit einem Gewicht von rund 430 Tonnen das mit Abstand größte menschengemachte Objekt im Weltall –, werden danach, sofern sie beim Eintritt in die Erdatmosphäre nicht verglühen, an jenem „Pol der Unzugänglichkeit“ im Pazifischen Ozean ins Meer stürzen.
Laut der US-Raumfahrtbehörde Nasa ist in den vergangenen 50 Jahren durchschnittlich ein bekanntes Weltraumobjekt pro Tag auf die Erde beziehungsweise ins Meer gefallen – eine Mitteilung im Zusammenhang mit der Information, dass ein ausrangiertes Batteriepaket der Internationalen Raumstation ISS am 8. März 2024 beim Eintritt in die Erdatmosphäre über Mittelamerika weitgehend verglüht ist und kleine Trümmerteile zwischen Guatemala und Florida ins Meer gestürzt sind.
Wie die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax am 19. Februar 2023 mitteilte, ist der russische Raumfrachter Progress MS-21 über dem Pazifik zum Absturz gebracht worden. „Die nicht verglühten Elemente der Konstruktion fielen in einen Teil des Pazifischen Ozeans, in dem es keine Schifffahrt gibt“, hieß es.
Weil der Antrieb der zweiten Raketenstufe nicht zündete, löste die japanische Raumfahrtagentur Jaxa am 7. März 2023 kurz nach dem Abheben die Selbstzerstörung einer neu entwickelten Trägerrakete aus. Die Trümmer fielen laut Jaxa in ein für solche Fälle vorgesehenes Gebiet im Meer.
Das Raumschiff „Starship“ des Raumfahrtunternehmens SpaceX, das größte Raumschiff, das je gebaut wurde – es besteht aus einer 70 Meter hohen Rakete und einer 50 Meter langen Raumfähre und wiegt fast 5000 Tonnen – wurde bei einem Testflug am 20. April 2023 aus Sicherheitsgründen ber dem Golf von Mexiko kontrolliert gesprengt.
Beim Testflug der „Starship“-Rakete von Space X am 18. November 2023 trennte sich der „Super Heavy“-Motor knapp drei Minuten nach dem Start und explodierte in einer Höhe von 90 Kilometern. Die obere Stufe flog weiter bis auf 149 Kilometer und explodierte ebenfalls. Die Trümmer fielen laut der Studie „Supersonic Waves Generated by the 18 November 2023 Starship Flight and Explosions: Unexpected Northward Propagation and a Man-Made Non-chemical Depletion“ in der Zeitschrift Geophysical Research Letters Volume 51, Issue 16 vom 28. August 2024 nordöstlich von Puerto Rico ins Meer.
Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass der vom Menschen verursachte Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) schwerwiegende Folgen für die Weltmeere haben wird. Knapp ein Drittel der CO2-Fracht von rund 30 Milliarden Tonnen jährlich löst sich im Meerwasser, wodurch sich dort die chemischen Verhältnisse verändern: Das Wasser wird saurer, der pH-Wert sinkt. Die Versauerung bedroht die Nahrungsketten im Meer, da das saurere Milieu die Lebensbedingungen für kalkbildende Organismen verschlechtert, darunter Planktonarten und Korallen. Da es viele Meerestierarten im immer saurer werdenden Wasser nicht schaffen, ihre überlebenswichtigen Skelette und Gehäuse zu bilden, könnten Tausende Arten bedroht sein. Schon heute sind die Meere nach Messungen des Ozeanreferates der Vereinten Nationen um ein Drittel saurer als noch vor 100 Jahren. Laut dem am 14. November 2013 in Warschau vorgestellten Abschlussbericht des internationalen Meeressymposions in Monterey (US-Staat Kalifornien) haben die Ozeane seit Beginn der industriellen Revolution ein Viertel des in die Atmosphäre ausgestoßenen Kohlendioxids aufgenommen – ihr Säuregehalt stieg dadurch um 26 Prozent. Nie zuvor in den vergangenen 300 Millionen Jahren habe es eine so rasche Veränderung gegeben. Ein Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), der am 9. September 2014 in Genf veröffentlicht wurde, nennt die Ozeanversauerung „beispiellos“. Der Säuregehalt habe einen Stand erreicht, wie es wahrscheinlich mindestens in den vergangenen 300 Millionen Jahren nicht vorgekommen sei, heißt es darin. Pro Tag und Person der Weltbevölkerung nehmen die Weltmeere laut dem Report rund vier Kilogramm CO2 auf. Besonders kritisch ist die Lage in der Arktis: Da kaltes Wasser mehr Kohlendioxid löst als warmes, versauert der arktische Ozean viel schneller als andere Weltmeere. Aber genau hier befinden sich wichtige Ursprünge der maritimen Nahrungskette – etwa der Plankton-Reichtum.
Durch menschlichen Einfluss hat sich der Gehalt an Quecksilber in den Weltmeeren stark erhöht. Fast 60.000 Tonnen mehr des giftigen Schwermetalls sind im Wasser gelöst als vor 500 Jahren, schließen Forscher um Carl Lamborg vom Woods Hole Institute in Massachusetts aus Wasserproben. Im flachen Wasser habe sich der Anteil verdreifacht, in der Schicht bis 1000 Meter Tiefe ist er um das Anderthalbfache gestiegen, zeigen Ergebnisse von Messfahrten (Nature, Bd. 512, S. 65, 2014). Das ist besonders relevant, weil sich hier die größte Menge findet.
Der Giftstoff Quecksilber erreicht selbst die entlegensten Winkel der Meere: US-Forscher haben hohe Werte des Schwermetalls bei Flohkrebsen und Fischen in zwei Tiefseegräben im Pazifik nachgewiesen – dem Marianengraben und dem Kermadecgraben. In den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“) beschreibt das Team um Joel Blum von der University in Michigan in Ann Arbor, auf welchen Wegen das Umweltgift zu diesen tiefsten Orten des Planeten gelangt.
Bisher war kaum bekannt, dass unter den Weltmeeren eine gefährliche Zeitbombe tickt: Zwischen 1917 und 1970 versenkten die Armeen der Weltmächte systematisch über eine Million Tonnen hochgiftige Chemiewaffen aus den beiden Weltkriegen in den Ozeanen, in Seen und im Erdboden. Im Laufe der Zeit treten diese tödlichen Gifte ins Wasser aus mit bisher kaum abschätzbaren ökologischen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen.
Nach offiziellen Schätzungen liegen allein in der deutschen Nordsee rund 1,3 Millionen Tonnen Munition aus Weltkriegszeiten. Über die Auswirkungen, die die Altlasten auf Fische, Pflanzen und Menschen haben, ist bisher wenig bekannt. Ein Europäisches Forschungsteam unter Leitung des Deutschen Schifffahrtsmuseums sucht im Zuge des 2018 gestarteten Projekts „North Sea Wrecks“ nach Antworten. Beteiligt sind neben Deutschland auch Belgien, die Niederlande, Norwegen und Dänemark. Im Frühjahr 2024 soll mit der Bergung begonnen werden.
Ungeachtet der Proteste von Umweltschützern hat Brasilien am 4. Februar 2023 einen sechs Jahrzehnte alten ausgemusterten Flugzeugträger im Atlantik versenkt. Robin Wood bezeichnete das 266 Meter lange Kriegsschiff als „30.000 Tonnen schweres Giftpaket“.
„Nordkoreas Militär hat nach südkoreanischen Angaben nahe der umstrittenen Seegrenze zwischen den beiden verfeindeten Staaten mehr als 200 Artilleriegeschosse abgefeuert. Die Geschosse seien nördlich der Seegrenzlinie ins Gelbe Meer gefallen, teilte der Generalstab in Südkorea mit. Die Granaten hätten keine Schäden angerichtet.“ (tagesschau.de, 5. Januar 2024)
Der von dem Ozeanografen und Sprecher des Exzellenzclusters „Ozean der Zukunft“ am Institut für Meereswissenschaften IFM-Geomar in Kiel zusammen mit dem Hamburger Mare-Verlag herausgegebene World Ocean Review ist ein gut verständlicher Bericht zur Lage der Ozeane. Er ist kostenlos erhältlich.
Ein neuer 3-D-Atlas zeigt die Verteilung von Nähr-, Schad- und anderen Spurenstoffen in den Weltmeeren.
Die Website des Alfred-Wegener-Instituts informiert über Abfall im Meer.
Der WWF warnt eindringlich vor den Folgen der CCS-Technologie für Nord- und Ostsee. CCS, kurz für „Carbon Capture and Storage“, war bislang in Deutschland verboten. Nach dem im Februar 2024 vom Bundeswirtschaftsministerium vorgelegten Entwurf für das neue Kohlendioxid-Speichergesetz sollen jenseits des Küstenbereichs der Nordsee CO2-Endlager entstehen, in denen das aus verschiedenen Industriezweigen abgeschiedene Kohlendioxid unter dem Meeresboden gespeichert werden kann.
Informationen zu den Folgen der Klimaveränderung für die Weltmeere finden Sie hier.
Literatur:
- Nadine Schubert, Anneliese Bunk, Besser leben ohne Plastik, Oekom Verlag, München 2016
- Nadine Schubert, Noch besser leben ohne Plastik, Oekom Verlag, München 2017
- „Daten und Fakten über unseren Umgang mit dem Ozean“ bietet der Meeresatlas 2017, ein Kooperationsprojekt von Heinrich-Böll-Stiftung Schleswig-Holstein, Heinrich-Böll-Stiftung (Bundesstiftung), Kieler Exzellenzcluster „Ozean der Zukunft“ und Le Monde diplomatique
- Plastikatlas 2019. Daten und Fakten über eine Welt voller Kunststoff
- Charlotte Schüler, Einfach plastikfrei leben. Schritt für Schritt zu einem nachhaltigen Alltag, Südwest Verlag, München 2019
- Pia Ratzesberger, Plastik, Reclam Verlag, Stuttgart 2019
- Indra Starke-Ottich, Mein Weg aus der Plastikfalle. Wie sich Kunststoffe im Alltag vermeiden lassen, Oekom Verlag, München 2020
- Mickaël Correia, Plastikmacher. Die verflucht erfolgreiche Petrochemie, in: Le Monde diplomatique, Februar 2022
- Mohamed Larbi Bouguerra, Plastikpest. Die Havarie der „X-Press Pearl“, in: Le Monde diplomatique, Juli 2023
- Anne Mäusbacher, Kids for the Ocean. Strategien & Initiativen aus dem Alltag gegen die Vermüllung der Ozeane. Anregung für Pädagogen und Familien, Erlanger Verlag für Mission und Ökumene, 2023 (sechste, überarbeitete Auflage)
Film:
- Plastik überall, Arte (3. April 2018)
- The North Drift – Plastik in Strömen (Dokumentarfilm von Steffen Krones), Kinostart in Deutschland am 27. Oktober 2022