Todesstrafe: Information

 

INFORMATION

 

Wie aus dem am 29. Mai 2024 veröffentlichten globalen Bericht zur Todesstrafe 2023 von Amnesty International hervorgeht, sind im Jahr 2023 weltweit mindestens 1153 Menschen in 16 Staaten hingerichtet worden. In der von Amnesty International (AI) erfassten Gesamtzahl sind die Tausenden von Hinrichtungen nicht enthalten, die vermutlich in China vollstreckt wurden, ebenso nicht die vermutlich sehr zahlreichen Hinrichtungen in Vietnam und Nordkorea. Die meisten bekannten Hinrichtungen fanden AI zufolge in China (Tausende), Iran (mindestens 853), Saudi-Arabien (172), Somalia (mindestens 38) und den USA (24) statt.
Weltweit waren Ende 2023 mindestens 27.687 Menschen zum Tode verurteilt. Im Jahr 2023 sind mindestens 2.428 neue Todesurteile in 52 Ländern verhängt worden, 52 davon in den USA (im 15. Jahr in Folge blieben die USA das einzige Land in der Region Nord- und Südamerika, das Hinrichtungen vollstreckt). In Europa wurden im vergangenen Jahr keine Todesurteile vollstreckt. Als einziges europäisches Land hält Belarus an der Todesstrafe fest und hat im Jahr 2023 eine Person zum Tode verurteilt. In Russland wurde die Vollstreckung ausgesetzt.
Ende 2023 hatten insgesamt 112 Länder die Todesstrafe vollständig abgeschafft.

 

EINZELNE STAATEN

 

Amnesty International geht davon aus, dass in China jedes Jahr Tausende Todesurteile verhängt und vollstreckt werden, womit das Land einen unrühmlichen Spitzenplatz einnimmt. Die chinesische Regierung hält Angaben zur Todesstrafe unter Verschluss und behandelt diese als Staatsgeheimnis, sodass eine unabhängige Überprüfung unmöglich war.

Wie die Hamas am 4. September 2022 mitteilte, sind im Gazastreifen erstmals seit 2017 fünf Menschen hingerichtet worden.

Japan ist neben den USA der einzige demokratische Industriestaat, der noch immer die Todesstrafe vollstreckt. Derzeit sitzen in Japan rund 125 Menschen in Todeszellen, so viele wie noch nie seit der ersten statistischen Erfassung im Jahr 1949. Als besonders grausam kritisieren Menschenrechtsorganisationen und ausländische Regierungen, dass den Todeskandidaten der Zeitpunkt der Hinrichtung nicht mitgeteilt wird. Die zum Tode Verurteilten leben oft jahrelang in Einzelhaft. Erst wenige Minuten vor ihrer Hinrichtung wird den Gefangenen gesagt, dass sie sterben werden. Die dauernde Angst, dass es jeden Tag soweit sein könnte, treibt nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen viele Todeskandidaten in den Wahnsinn. Ist der Todestag gekommen, dürfen sie sich von ihren Angehörigen nicht mehr verabschieden. Diese erfahren erst im Nachhinein von den Hinrichtungen.

Wie die staatliche Zeitung „Global New Light of Myanmar“ am 25. Juli 2022 berichtete, hat Myanmars Militärjunta erstmals seit Jahrzehnten wieder Todesurteile vollstrecken und vier Männer hinrichten lassen. Laut Medienberichten haben Militärgerichte in Myanmar seit dem Putsch am 1. Februar 2021 bis Anfang Juni 2022 mindestens 113 Todesurteile ausgesprochen.

Im Jahr 2023 wurden in Japan und Myanmar, beides Länder, die 2022 Menschen hingerichtet haben, laut Amnesty International keine Hinrichtungen verzeichnet.

Auf dem amerikanischen Kontinent lassen nur noch die USA von Staats wegen töten. Mittlerweile wird in 23 von 50 US-Bundesstaaten die Todesstrafe nicht mehr praktiziert (in den Bundesstaaten Wisconsin, Michigan und Minnesota schon im 19. Jahrhundert!). Als 23. US-Bundesstaat und erster Bundesstaat der früheren Südstaaten hat Virginia am 24. März 2021 die Todesstrafe abgeschafft. In Kalifornien, Oregon und Pennsylvania wurde ihre Vollstreckung ausgesetzt. Zudem gab die neue US-Regierung im Juli 2021 bekannt, dass sie alle Hinrichtungen auf Bundesebene bis auf Weiteres aussetzen werde. Die Zahl der Hinrichtungen ist von 98 im Jahr 1999 auf 17 im Jahr 2020 gesunken (Mitte der 1990er Jahre waren es mehr als 300 gewesen).

In den Todestrakten der Bundesgefängnisse sitzen derzeit (Juli 2019) 62 Häftlinge. Am 2. Dezember 2005 ist Kenneth Lee Boyd nach Ablehnung aller Gnadengesuche als 1000. Todeskandidat seit der Wiederzulassung der Todesstrafe in den USA im Jahr 1976 exekutiert worden. Nach Angaben des Death Penalty Information Center (DPIC) sind seit der Wiederzulassung der Todesstrafe 154 (Stand: 11. Juni 2015) zum Tode verurteilte Menschen wegen erwiesener Unschuld oder erheblicher Zweifel an ihrer Schuld freigelassen werden. Erst 2002 wurde in den USA ein Exekutionsverbot an geistig Behinderten eingeführt, erst seit 2005 dürfen keine Minderjährigen mehr getötet werden. – In Kalifornien sind seit Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1978 mehr zum Tode verurteilte Häftlinge durch Suizid aus dem Leben geschieden als durch Hinrichtungen. Zuletzt haben sich am 2. und am 4. November 2018 zwei Häftlinge im Todestrakt des San-Quentin-Gefängnisses vor der Hinrichtung das Leben genommen.
Als 22. US-Bundesstaat hat Colorado die Todesstrafe abgeschafft. Gouverneur Jared Polis unterzeichnete am 23. März 2020 (Ortszeit) ein entsprechendes Gesetz und wandelte die Todesurteile gegen drei Häftlinge in lebenslange Gefängnisstrafen ohne Möglichkeit einer vorzeitigen Haftentlassung um.
Nachdem in den USA auf Bundesebene seit 2003 zwar weiterhin Todesurteile verhängt, aber nicht mehr vollstreckt wurden, haben die USA am 15. Juli 2020 wieder einen auf Bundesebene verurteilten Straftäter hingerichtet, am 16. Januar 2021 der 13. Straftäter in der Verantwortung des US-Nationalstaates bzw. des damaligen US-Präsidenten Donald Trump. Am 1. Juli 2021 ordnete Justizminister Merrick Garland ein Moratorium an, um zu überprüfen, ob die Hinrichtungspraxis tatsächlich im Sinne der Verfassung „fair und menschlich“ ist. US-Präsident Joe Biden lehnt die Todesstrafe ab.

Einem am 3. Juli 2024 veröffentlichten Bericht des gemeinnützigen Todesstrafen-Informationszentrums in Washington sind in den USA seit 1973 insgesamt 200 zum Tod verurteilte Menschen als nicht-schuldig freigelassen worden. Dieser „historische Meilenstein“ zeige die Fehlbarkeit der Todesstrafe. Die falschen Urteile seien auf Fehler, Amtsvergehen und die politischen Ambitionen von Regierungsvertretern zurückzuführen, erklärte Exekutivdirektorin Robin Maher. Nach Angaben der Forschungseinrichtung haben die unschuldig Verurteilten bis zu ihrer Freilassung im Durchschnitt 13 Jahre im Todestrakt zugebracht. 65 Prozent der Freigelassenen seien Afro-Amerikaner. Seit den 1970er Jahren wurden in den USA 1.591 Menschen hingerichtet.

 

DIE ABSCHAFFUNG DER TODESSTRAFE

 

Die moderne Geschichte der vollständigen Abschaffung der Todesstrafe beginnt in Lateinamerika: Mit Venezuela (bereits 1863), Costa Rica, Panama, Ecuador, Uruguay und Kolumbien sind sechs der ersten sieben Staaten genannt, die sie gänzlich abschafften, ohne diese Entscheidung jemals zu revidieren.

Im Jahr 1949 wurde die Todesstrafe in der Bundesrepublik Deutschland abgeschafft. Das letzte nicht-militärische Todesurteil in der DDR wurde am 15. September 1972 vollzogen.

Das Parlament von Sierra Leone hat am 23. Juli 2021 einstimmig die Abschaffung der Todesstrafe beschlossen. Kurz danach unterzeichnete Staatspräsident Julius Maada Bio das Gesetz. In Sierra Leone saßen Ende 2020 noch 94 Menschen in Todeszellen.

Am 28. April 2021 erklärte das Oberste Gericht von Malawi die Todesstrafe für verfassungswidrig. In dem südostafrikanischen Land sind knapp 30 Personen in Gefahr, hingerichtet zu werden.

Mit der Unterzeichung eines neuen Strafgesetzbuches am 19. September 2022 durch Präsident Teodoro Obiang Nguema Mbasogo hat Äquatorialguinea die Todesstrafe abgeschafft.

Die Abgeordnetenkammer in Malaysia stimmte am 3. April 2023 dafür, dass Richtern in Zukunft Alternativen zur Todesstrafe erlaubt werden sollen. Damit rückt das Land, das im Juli 2018 ein offizielles Moratorium für Hinrichtungen eingeführt hat, der Abschaffung der bislang für manche Delikte zwingend vorgeschriebenen Todesstrafe näher.

 

LITERATUR:

 

  • Jürgen Martschukat, Inszeniertes Töten. Eine Geschichte der Todesstrafe vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, Böhlau Verlag, Köln/Weimar/Wien 2000
  • Richard J. Evans, Rituale der Vergeltung. Die Todesstrafe in der deutschen Geschichte 1532 –1987, Kindler Verlag, Berlin/Hamburg 2001
  • Martin Haidinger, Von der Guillotine zur Giftspritze. Fakten – Fälle – Fehlurteile, Ecowin Verlag, Salzburg 2007
  • Peter Schuster, Verbrecher, Opfer, Heilige. Eine Geschichte des Tötens 1200–1700, Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 2015
  • Der Weg zum Schafott. Dichter gegen die Todesstrafe. Victor Hugo, Charles Dickens, William Thackeray, Cesare Beccaria, Fjodor Dostojewski, Leo Tolstoi, Verlag Ripperger & Kremers, Berlin 2016
  • Helmut Ortner, Ohne Gnade. Eine Geschichte der Todesstrafe. Mit einem Nachwort von Bundesrichter a.D. Thomas Fischer, Nomen Verlag, Frankfurt am Main 2020


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